Berlin/Hamburg. Auch in Hamburg und anderen Städten Norddeutschlands wollen die radikalislamischen Salafisten an diesem Sonnabend Koran-Exemplare verteilen. Die Bundesregierung hat besorgt auf die bundesweite Aktion reagiert. "Das Bundesinnenministerium nimmt die aktuellen salafistischen Bestrebungen sehr ernst", sagte Ministeriumssprecher Markus Beyer. Die Salafisten seien seit geraumer Zeit im Visier der Verfassungsschutzbehörden und würden seit Ende 2010 auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. Die Internet-Drohvideos radikaler Islamisten gegen Journalisten, die kritisch über die Koran-Aktion berichtet hatten, seien "absolut nicht hinnehmbar". Strafrechtliche Ermittlungsverfahren seien bereits aufgenommen worden. Die Sicherheitsbehörden des Bundes wollen gegen die Koran-Verteilung nicht unmittelbar vorgehen. Das bloße Verteilen sei von der Religionsfreiheit gedeckt, sagte der Ministeriumssprecher.
Die Salafisten verstehen sich als die einzig wahre Gemeinschaft der Gläubigen, da ihrer Auffassung nach nur sie den Islam leben, wie Gott ihn vorgeschrieben hat. Daher zählen für sie auch nicht-salafistischen Muslime zu den Ungläubigen. Die salafistische Glaubenspraxis umfasst zum Beispiel Kleidungsvorschriften oder eine spezielle Zahnputztechnik. Viele Salafisten tragen Gewänder, lange Bärte und Kopfbedeckungen. Der Salafismus bietet seinen Anhängern ein Schwarz-Weiß-Werteschema an. Demokratie oder Gleichberechtigung werden als "unislamisch" abgelehnt. Einige der etwa 3000 Salafisten in Deutschland gelten als gewaltbereit und befürworten das radikale Durchsetzen eins "Gottesstaates".
In Nordrhein-Westfalen hat gleichzeitig die rechtspopulistische Partei Pro NRW zu einer islamfeindlichen Demonstration aufgerufen. Sie forderte Menschen dazu auf, islamfeindliche Karikaturen bei einem von der Partei veranstalteten Wettbewerb einzureichen. Die "Gewinnerzeichnungen" sollen vor Moscheen aufgehängt werden.