Hamburg holt auf. Kein deutsches Parlament ist weiblicher als die Bürgerschaft. Mehr als 30.000 Blumen werden heute in Hamburg verteilt.
Hamburg. Mehr als 30 000 Blumen sollen heute am Weltfrauentag in der ganzen Stadt verteilt werden. Eine Geste, die nach Willen der Organisatoren - Gewerkschaften und andere Initiativen - zur Auseinandersetzung anregen soll: Wie steht es in Hamburg um die Gleichstellung der Frau?
Fakt ist: In der Hamburger Politik haben Frauen bereits stark aufgeholt. In der SPD-Regierung ist jeder zweite Senatorenposten mit einer Frau besetzt. Und in der Bürgerschaft - insgesamt 121 Abgeordnete - sitzen derzeit 50 Frauen; ein weiblicher Anteil von 41,3 Prozent, höher als in jedem anderen deutschen Landesparlament, so der Politikexperte Martin Fuchs.
+++ Leitartikel: Unabhängig wie nie +++
Auch bei der Beschäftigungsquote von Frauen belegt Hamburg einen Spitzenplatz in Deutschland. Insgesamt leben in der Hansestadt 904 000 Frauen und Mädchen (51 Prozent Bevölkerungsanteil). 416 000 Hamburgerinnen haben einen Job, 45 000 von ihnen arbeiten als Selbstständige. In nur wenigen deutschen Städten gibt es im Verhältnis mehr berufstätige Frauen.
Allerdings weisen Unternehmen und Institutionen höchst unterschiedliche Frauenanteile auf. Im Universitätsklinikum Eppendorf etwa sind 4493 von 6393 Mitarbeitern weiblich: ein Anteil von 70 Prozent. An der Uni lehren und forschen 170 Professorinnen - sie machen gut 30 Prozent der 562 Professuren aus. Bei Beiersdorf beträgt der Frauenanteil 51,7 Prozent, in der Hamburger Sparkasse sind 55 Prozent der 5700 Mitarbeiter weiblich. Besonders hoch ist der Frauenanteil an Grundschulen: Er beträgt in Hamburg 90 Prozent.
In den Chefetagen aber sind Frauen auch in Hamburg fast immer in der Minderheit. Nur 20 Prozent aller Führungspositionen in Hamburg seien mit Frauen besetzt, kritisiert die GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank. Überdies verdienten Frauen bei gleicher Arbeit durchschnittlich noch immer 23 Prozent weniger als männliche Kollegen. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding bemängelt die Personalpolitik des Senats bei der Besetzung von Chefposten: Ein Frauenanteil bei Abteilungs- oder Amtsleitungen von 30 und 25 Prozent sei zu niedrig.
+++ Frauenquote: Hamburg hat das weiblichste Parlament +++
"Es gibt noch viel zu tun, gerade bei der Bewertung von Frauenarbeit", sagt Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung, die zum Frauentag 1000 Biografien erfolgreicher Hamburgerinnen ins Internet gestellt hat. "Frauen haben die besseren Bildungsabschlüsse, werden in der Wirtschaft aber oft schlechter bezahlt." Bei einem Senatsempfang will Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) heute mit Experten über Fragen wie eine Frauenquote oder eine gerechtere Bezahlung diskutieren.
Doch Karriere ist nicht alles. Viele Hamburgerinnen versuchen Beruf und Privatleben möglichst reibungslos miteinander zu vereinbaren. 224 391 Frauen sind Mitglieder eines Sportvereins. Gut jede dritte Hamburgerin ist verheiratet, jede vierte Mutter. Prozentual die meisten Frauen leben in Eppendorf, Poppenbüttel und Rissen - hier beträgt der weibliche Anteil jeweils um die 55 Prozent. Zum Vergleich: In Billbrook herrscht akuter Männerüberschuss. Nur 34,2 Prozent der Bevölkerung sind hier Frauen.