CDU-Regierungschefin: “FDP zerrüttet“ - SPD ist gesprächsbereit
Saarbrücken. Der Anfang vom Ende der bundesweit einzigen Jamaika-Koalition lässt sich ziemlich genau datieren: Am 14. Dezember erklärte Christian Schmitt, bis dahin Chef der vierköpfigen FDP-Fraktion im Landtag in Saarbrücken, überraschend seinen Rücktritt, gab den Parteiaustritt bekannt und wechselte in die CDU-Fraktion. Schmitts Begründung: Es habe aus den eigenen Reihen Intrigen gegen ihn und Kritik am Bündnis mit CDU und Grünen gegeben.
Gut zwei Wochen später platzte bei den Saar-Liberalen die Hoffnung auf einen Neuanfang: Der designierte neue Fraktionschef Christoph Kühn zog seine Kandidatur wegen einer Dienstwagenaffäre zurück. Die Staatsanwaltschaft hat wegen eines möglichen Ermittlungsverfahrens die Aufhebung von Kühns Immunität beantragt.
Zu viel für Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU): Fünf Monate nachdem sie das Amt vom Jamaika-Architekten Peter Müller (CDU) übernommen hat, kündigte die Regierungschefin am Freitag das seit 2009 bestehende Bündnis mit FDP und Grünen - und gab die Schuld am Scheitern allein den Liberalen.
"Die FDP-Landtagsfraktion, aber auch der Landesverband der FDP Saar befinden sich in einem Zustand der Zerrüttung. Eine nachhaltige Befriedigung und eine Rückkehr der FDP Saar zu geordneten Verhältnissen ist aus meiner Sicht in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten", sagte Kramp-Karrenbauer. Damit sei eine stabile und verlässliche Regierungsarbeit mit der Jamaika-Koalition nicht mehr gewährleistet.
"Das Land braucht eine stabile Regierung und stabile Verhältnisse", sagte die Ministerpräsidentin. Sie habe daher dem SPD-Landesvorsitzenden Heiko Maas Gespräche über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen angeboten. Sollte es nicht dazu kommen, wären Neuwahlen die logische Konsequenz.
Doch schon wenige Stunden nach dem Gesprächsangebot gab es positive Signale von den Sozialdemokraten. Das Parteipräsidium habe die Aufnahme von Gesprächen einstimmig empfohlen, teilte Maas nach einer Sitzung des Gremiums am Abend mit. Eine endgültige Entscheidung werde der Landesvorstand am heutigen Sonnabend treffen. Maas signalisierte, dass die SPD auch als Juniorpartner in eine Große Koalition eintreten würde. Im Landtag habe eben die CDU die Mehrheit.
Die SPD wolle ernsthaft verhandeln, sagte Maas. Man müsse aber eine stabile Regierung bilden können. Es gehe um die inhaltlichen Ergebnisse der Gespräche: "Es nützt ja nichts, in eine Regierung einzusteigen, die dann nicht vernünftig arbeitet." Eine Große Koalition könnte über 33 der 51 Sitze im Landtag verfügen.
Kramp-Karrenbauer betonte, sie habe von den CDU-Gremien Rückendeckung für ihre Entscheidung, das Bündnis zu beenden. Zudem habe sie den Grünen die Gründe erläutert. Die FDP dagegen war offenbar nicht eingeweiht. "Wir haben mit Überraschung und Bedauern die Entscheidung der Ministerpräsidentin zur Kenntnis nehmen müssen", teilte die FDP Saar mit. Der Landesvorsitzende Oliver Luksic habe davon aus den Medien erfahren.
Die Bundes-CDU bedauerte das Ende der Jamaika-Koalition, sah aber keine Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin. Es handele sich um eine "rein regionale Angelegenheit", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. "In Zeiten großer Herausforderungen braucht das Saarland nun zügig stabile Verhältnisse." Daher sei es gut, dass Kramp-Karrenbauer Koalitionsgespräche angeboten habe.
Oskar Lafontaine, der Linken-Fraktionschef im Saarbrücker Landtag, und Grünen-Bundeschef Cem Özdemir plädierten dagegen für Neuwahlen. "In der aktuellen Situation wäre es die beste Lösung, dazu beizutragen, dass der aktuelle Wählerwille im Saarland abgebildet wird", sagte Özdemir. Laut den jüngsten Umfragen vom November könnte die Saar-SPD bei einer Neuwahl 35 Prozent der Stimmen erreichen, die CDU lag bei 32 Prozent.