Ungewohnte Bündnisse wird es aber auch künftig geben
Wachstum war der zentrale Begriff, den FDP-Chef Philipp Rösler für seine Rede auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart auserkoren hatte. Gemeint war zwar die Wirtschaft - Wachstum nötig haben aber noch viel mehr die Liberalen. Auf ganze zwei Prozent kommen sie noch in den Umfragen. Und just zur gleichen Zeit, als Rösler mit mäßigem Erfolg versuchte, den Seinen neuen Kampfgeist einzuhauchen, platzte im Saarland die bundesweit erste Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen. Nicht etwa an unüberbrückbaren Gegensätzen der Partner, sondern einzig und allein wegen einer völlig zerstrittenen Landes-FDP.
Die Verhältnisse an der Saar sind vielleicht zu spezifisch, um aus ihnen Rückschlüsse etwa für die Koalition in Berlin zu ziehen. Ein Menetekel für die Liberalen sind sie allemal. Sie sind jetzt nur noch in fünf Landesregierungen vertreten, bundesweit laufen ihnen die Mitglieder davon, und eine Trendwende ist auch nach dem Dreikönigstreffen nicht in Sicht.
Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbaur hat in Saarbrücken die Notbremse gezogen und sucht jetzt ein Bündnis mit der SPD. Das verspricht mehr Stabilität für das Land. Jamaika war ohnehin nur unter Mühen geboren, zustande gekommen unter einem bereits amtsmüden Ministerpräsidenten Peter Müller. Doch der jähe Abbruch des Experiments bedeutet nicht das Ende aller neuen Konstellationen, den Abschied von bisher ungewohnten oder gar undenkbaren Bündnissen. Die ehemals großen Volksparteien Union und SPD schrumpfen seit Jahren kontinuierlich, die Grünen sind längst etabliert, auf Landesebene sind Regierungsbeteiligungen der Linken keine Sensation mehr, und mit Piraten und Freien Wählern wachsen möglicherweise neue Kombinationsmöglichkeiten heran. In Zeiten weitgehend entideologisierter Parteiprogramme - die Linken bilden da eine Ausnahme - und stark wechselnder Wählerströme ist von den Handelnden immer mehr Pragmatismus bei der Wahl der Koalitionspartner gefragt. Die politische Farbenlehre wird stets erweitert. Nur das liberale Gelb droht abhandenzukommen.