Bundestagsvizepräsident Thierse nennt die Aussagen zur DDR „schäbig und beschämend“. Die CSU verlangt ihren Rückzug.
Berlin/Hamburg. Die Präsidentschaftskandidatin der Linken, Luc Jochimsen, hat knapp zwei Wochen vor der Wahl für ihre Weigerung, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen, massive Kritik geerntet. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezeichnete ihre Äußerungen als „schäbig“ und „beschämend“. Auch der von SPD und Grünen nominierte Bewerber für das Bundespräsidentenamt, Joachim Gauck, wies ihre Aussagen zurück. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte die Linkspartei auf, ihre Kandidatin zurückzuziehen.
J ochimsen hatte im Hamburger Abendblatt gesagt, dass die DDR ein Staat gewesen sei, der unverzeihliches Unrecht an seinen Bürgern begangen habe. Nach juristischer Definition sei sie allerdings kein Unrechtsstaat gewesen. Die Linken-Abgeordnete begründete ihre Haltung damit, dass derartige Definitionen „juristisch und staatsrechtlich haltbar“ sein sollten. „Der Begriff Unrechtsstaat ist es nicht“, unterstrich sie.
Nach den schweren Entgleisungen müsse die Linke ihre Kandidatin zurückziehen, forderte Dobrindt. „Wer das SED-Regime als Rechtsstaat verherrlicht, darf nicht ansatzweise mit dem Amt des Bundespräsidenten in Verbindung gebracht werden“, erklärte er. Wenn die Linkspartei ihre Nominierung aufrecht halte, betreibe sie eine „Verhöhnung der SED-Opfer“ und beschädige den Respekt vor dem höchsten Staatsamt.
Auch Gauck wies die Äußerungen von Jochimsen zurück. „Das sage ich im klaren Bewusstsein, dass diese Definition nicht in ein juristisches Seminar passt“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Es habe unter anderem keine Herrschaft des Rechts und keine Gewaltenteilung gegeben, außerdem hätten rechtsstaatliche Instanzen gefehlt. „Wir sollten uns vor der Begrifflichkeit Unrechtsstaat nicht fürchten. Sie ist sehr nah an der politischen, moralischen und rechtlichen Wirklichkeit der untergegangenen Diktatur“, erklärte er.
Gauck sprach sich dagegen aus, einen Schlussstrich unter die DDR-Vergangenheitsdebatte zu ziehen. „Denn ein Schlussstrich setzt altes Unrecht fort. Davon haben immer die etwas, die früher oben waren, und die nichts, die früher unten waren“, sagte er.