Ausgerechnet die katholische Kirche, die an sich selbst höchste moralische Ansprüche stellt und diese ihren Mitgliedern predigt, ist in die denkbar größte Glaubwürdigkeitskrise geraten.
Ausgerechnet die katholische Kirche, die an sich selbst höchste moralische Ansprüche stellt und diese ihren Mitgliedern predigt, ist in die denkbar größte Glaubwürdigkeitskrise geraten: durch Dutzende Fälle von Missbrauch, die jedes einzelne Mal auch ein Fall von Machtmissbrauch waren. Und durch ein System des Schweigens, das diese Skandale teils jahrzehntelang vertuscht hat.
Was hat der Zölibat damit zu tun? Unmittelbar nichts, denn die verordnete Ehelosigkeit ist sicherlich nicht die Ursache für Missbrauch - den gibt es leider auch an vermeintlich renommierten Reformschulen. Dennoch hat Weihbischof Hans-Jochen Jaschke recht, wenn er mutig das Gebot der Enthaltsamkeit zur Diskussion stellt und sich dafür ausspricht, dass Priestern die Ehe erlaubt sein sollte.
Warum? Weil der Zölibat verkrustetes Kirchenrecht ist und keine erkennbaren Vorteile bringt. Im Neuen Testament findet sich kein einziger Hinweis auf die verpflichtende Ehelosigkeit. Die mag zu Zeiten der Christenverfolgung sinnvoll gewesen sein, als ein Priester ohne Familie weniger erpressbar war, weil er unter Folter womöglich weniger verraten hat. Danach aber hat es nun ausreichend Priester und selbst Päpste gegeben, die die Verpflichtungen zu Keuschheit, Gehorsam und Armut so gar nicht vorgelebt haben.
Bei Papst Benedikt mag Jaschke keine Zustimmung finden, bei Teilen der Basis tut er es gewiss: Der freiwillige Zölibat ist ein überfälliger Schritt, um die Kirche zeitgemäß zu führen. Zumal es auch in den katholischen Ostkirchen, die dem Papst unterstellt sind, keine Zölibatsverpflichtung gibt. Der nächste Schritt wäre, gerade bei Nachwuchsmangel, Frauen für das Priesteramt zuzulassen. Für die Vielfalt. Und um die Dominanz einer elitären Männergesellschaft zu unterbinden.