Im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal an der hessischen Odenwaldschule hat nach einem Bericht des "Tagesspiegels" die Landes-FDP Rot-Grün eine Mitschuld vorgeworfen. Hessens FDP-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Jörg Uwe Hahn sagte laut der "Berliner Zeitung", SPD und Grüne hätten in den 80er- und 90er-Jahren in der Gesellschaft "ein Klima geschaffen, das erst den Boden für solche Vorkommnisse bereitet hat". Sie seien deshalb dafür verantwortlich, dass es zu Misshandlungen an Schülern habe kommen können und dass die Übergriffe nicht geahndet wurden, wird Hahn zitiert, der Justizminister im Kabinett von Regierungschef Roland Koch (CDU) ist.
Die Opposition im Hessischen Landtag reagierte empört und forderte eine Entschuldigung. Hahns Ministerium erklärte, diese inhaltliche Zusammenfassung eines 15-minütigen Interviews entspreche nicht den Tatsachen.
Berichten zufolge soll es an der reformpädagogisch orientierten Odenwaldschule bis in die 90er-Jahre zu sexuellem Missbrauch von Schülern durch Lehrer gekommen sein. Nach Angaben der Rektorin Margarita Kaufmann wurden mehr als acht Lehrer von Ex-Schülern belastet. Die Zahl der mutmaßlichen Missbrauchsopfer liegt bei etwa 40.
Nach Angaben des Opfer-Anwalts Thorsten Kahl gibt es inzwischen sogar Anzeichen für aktuellere Missbrauchsfälle als bislang bekannt. Er habe Hinweise von Ex-Schülern der Odenwaldschule erhalten, dass es auch noch bis in die jüngere Vergangenheit Missbrauch von Schülern durch Lehrer gegeben habe. "Es hat nicht aufgehört", erklärte Kahl, der einige Opfer vertritt. Diese Angaben wurden weder von der Staatsanwaltschaft noch von der Schule bestätigt.
Die Odenwaldschule hatte am Vortag mitgeteilt, der bislang jüngste Verdachtsfall sei von 1991. Zudem wurden neue Vorwürfe bekannt. Nicht nur Lehrer sollen sich an Mädchen und Jungen vergriffen haben, auch unter Schülern soll es Misshandlungen gegeben haben.