Parteichefin Claudia Roth fordert die Regierung auf, Speicherung von Telefondaten und den Lohnnachweis “Elena“ zu kippen.
Berlin. Die Grünen haben Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) aufgefordert, der Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten ein Ende zu setzen. Wenn die Justizministerin die Vorratsdatenspeicherung für verzichtbar halte, dann sei das "völlig richtig", aber sie dürfe jetzt nicht die Hände in den Schoß legen, sagte Parteichefin Claudia Roth dem Hamburger Abendblatt. "Vielmehr muss sie innerhalb der Bundesregierung und auch auf europäischer Ebene aktiv werden. Es ist ein Lackmustest für Leutheusser-Schnarrenberger, ob sie ihren Ankündigungen auch Taten folgen lässt und die Vorratsdatenspeicherung wirklich beendet wird."
Die Justizministerin hatte die Speicherung von Verbindungsdaten zuvor als entbehrlich bezeichnet. "Andere Staaten kommen ohne Vorratsdatenspeicherung aus, zum Beispiel die USA", sagte die FDP-Politikerin dem Online-Portal des Hamburger Abendblatts. "Wir dürfen die Bedeutung der Vorratsdaten für die Terrorabwehr nicht überbewerten." Die Sicherheitsbehörden seien "gut gerüstet".
Eine Richtlinie der Europäischen Union verpflichtet alle Mitgliedstaaten, Telefon- und Internetverbindungsdaten für eine Zeit zur Kriminalitätsbekämpfung zu speichern. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die deutsche Umsetzung der Richtlinie Anfang März für verfassungswidrig.
Der Forderung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), rasch einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, erteilte Leutheusser-Schnarrenberger eine Absage: "Mein Ziel ist es, seriös mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzugehen. Es wäre verantwortungslos, einen Zeitplan zu nennen." Auf die Frage, ob sie überhaupt einen neuen Gesetzentwurf vorlegen werde, sagte die Ministerin: "Wir legen nicht die Hände in den Schoß. Aber wir müssen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts genau auswerten und in die europäische Entwicklung einbetten." Sie erinnerte daran, dass die EU-Richtlinie in sechs Mitgliedstaaten nicht umgesetzt sei. "Es wird eine Prüfung geben müssen, wie mit diesem Problem umgegangen wird. Und ob die Richtlinie mit der europäischen Grundrechtscharta vereinbar ist", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Nach Überzeugung Roths wurden mit dem Urteil der Karlsruher Richter zur Vorratsdatenspeicherung "der zukünftigen Datenspeicherung klare Grenzen gesetzt". Diese würden auch von "Elena", dem Elektronischen Entgeltnachweis, unterlaufen, kritisierte die Grünen-Chefin. Arbeitgeber müssen Lohn- und Gehaltsdaten der Beschäftigten seit Jahresanfang direkt an eine zentrale Speicherstelle der Deutschen Rentenversicherung übermitteln. "Der Unterstützerkreis für eine Verfassungsbeschwerde gegen 'Elena' wird täglich größer", sagte Roth. "Wenn Leutheusser-Schnarrenberger beim Thema Datenschutz glaubwürdig sein will, dann muss sie auch bei 'Elena' dafür sorgen, dass die Bundesregierung endlich die Stopptaste drückt."