Wenn Günther Oettinger Gorleben als Standort für ein Endlager im Blick habe, „dann hat er nichts dazugelernt“, kritisiert Claudia Roth.
Hamburg. Nach dem dringenden Appell von EU-Energiekommissar Günther Oettinger an die Mitgliedstaaten, Endlager für hochradioaktiven Müll zu schaffen, haben die Grünen vor einer Vorfestlegung auf den niedersächsischen Salzstock Gorleben gewarnt.
„Notwendig sind in Deutschland, wie in ganz Europa, ergebnisoffene Suchverfahren in der Verantwortung der öffentlichen Hand und mit einer umfassenden Bürgerbeteiligung“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth dem „Hamburger Abendblatt“. „Es darf keine Vorfestlegungen für bestimmte Standorte geben.“
Wenn Oettinger jetzt vor allem Gorleben als Standort für ein Endlager im Blick habe, „dann hat er nichts dazugelernt“, kritisierte Roth. „Der Skandal um die Asse sollte für ganz Europa ein mahnendes Beispiel sein.“ Klar müsse auch sein, dass die Atomindustrie „für die horrenden Kosten der Atommüll-Endlagerung aufkommt, und nicht die europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür herhalten müssen". In der niedersächsischen Lagerstätte Asse sind schwerwiegende Sicherheitsmängel aufgetreten.
Oettinger hatte im „Hamburger Abendblatt“ (Sonnabend) die Schaffung von Endlagern für hochradioaktiven Müll in Europa gefordert und bemängelt, dass auch die Erkundung von Gorleben nicht vorankomme. „Die Mitgliedstaaten müssen sich dringend um die Frage der Endlagerung kümmern“, sagte der neue Energiekommissar. In Europa gebe es „längst nicht die Kapazität für die Endlagerung, die notwendig“ sei. Die vergangenen Jahrzehnte seien nicht ausreichend genutzt worden, kritisierte der CDU-Politiker und frühere baden-württembergische Ministerpräsident mit Blick auf Gorleben. Bisher gibt es zahlreiche Zwischenlager, aber kein genehmigtes Endlager für hoch radioaktive Abfälle.
Oettinger kündigte eine EU-Verordnung zur Entsorgung von Atommüll an, die in diesem Jahr fertiggestellt werden soll. Zur Zukunft der Atomkraft in der EU sagte er, diese hänge von den 27 Mitgliedstaaten ab. Ein Ende sei „nicht in Sicht“. So habe Schweden den Atomausstieg rückgängig gemacht und die osteuropäischen Staaten wollten die Kernenergie „auf lange Sicht in ihrem Energiemix“ haben.
Grünen-Chefin Roth sagte dem „Abendblatt“, Oettinger habe mit seiner Forderung nach einer verstärkten Endlagersuche in Europa „auf den wunden Punkt der Atomapologeten unter seinen Parteifreunden hingewiesen“. Nämlich, dass es bis heute „weltweit keine endgültige Lösung für den noch über Generationen strahlenden Atommüll“ gebe. Dies allein müsse „Grund genug sein, den Ausstieg aus der Atomkraft schnellstmöglich umzusetzen“, forderte Roth.