Brüssel. Die Verwaltungsbeamten der EU-Kommission wollten es ganz korrekt machen. Offenbar dachten sie, das "oe" im Namen Oettingers könne nur ein Fehler sein. Schließlich heißt der neue EU-Kommissar für Energie auch nicht Guenther, sondern Günther. Also schrieben sie "Öttinger" auf sämtliche Hinweisschilder im 9. Stock des sternförmigen Berlaymont-Gebäudes.
Günther Oettinger kann über den Fehler lächelnd hinwegsehen. In seinem Bürotrakt herrscht noch die typische Unordnung eines Neuanfangs. Manche Zimmer stehen noch leer, andere wie Oettingers Büro sollen komplett neu möbliert werden. Die schweren Ohrensessel seines Vorgängers, Ex-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD), will der neue Kommissar aus Deutschland entsorgen und durch modernere Sitzmöbel ersetzen. Auch fehlen noch Bilder an den tristen grauen Wänden.
Direkt zwischen dem Schreibtisch und der blauen Europaflagge hat es sich Lucky gemütlich gemacht. Seinen schwarzen Mischlingshund hat Oettinger aus Stuttgart mitgebracht. Viel Vertrautes hat der Brüsseler Neuling noch nicht um sich. Wie in seiner Zeit als "Junior-Jurist" fühle er sich in einer Einarbeitungsphase, sagt Oettinger beim ersten Auftritt vor seinen Mitarbeitern. Sie spenden ihm freundlichen Applaus. Bis Pfingsten wolle er sich in Brüssel heimisch fühlen, sagt der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Von den acht Wohnungen, die er besichtigt hat, kommen fünf in die engere Auswahl. Nächste Woche stehen weitere Besichtigungen auf dem Terminkalender des 56-Jährigen. Dann soll auch seine Lebensgefährtin, die Hamburger Event-Managerin Friederike Beyer, dabei sein. Ihr will er auch die Entscheidung überlassen, ob es eine Altbau- oder Neubauwohnung sein soll. "Ich bin da eher pflegeleicht", sagt Oettinger. Ihm sei nur wichtig, dass er in einer lebendigen Gegend wohne, mit Restaurants und Geschäften. Seine Freundin werde versuchen, jede Woche zwei Tage in Brüssel zu verbringen, und er wolle einmal im Monat nach Hamburg kommen. Die meisten Wochenenden möchte Oettinger in Stuttgart verbringen.
Auch sein neues Amt bringt viele Reisen mit sich. Aufenthalte in Madrid, Warschau, Paris, Wien und Moskau sind schon fest geplant. Dass er nicht alle der 600 bis 700 Mitarbeiter seiner neu zugeschnittenen Generaldirektion Energie so schnell persönlich kennenlernen kann, weiß Oettinger. Kommende Woche will er zumindest mit den Abteilungs- und Referatsleitern anfangen.