Berlin. Im Kampf gegen Kinderpornografie will die Bundesregierung entsprechende Seiten im Internet löschen, statt sie zu sperren - und erntet für den Vorstoß deutliche Kritik. Bundespräsident Horst Köhler sei vom Kanzleramt über das neue Vorhaben von Union und FDP informiert worden, sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Köhler hatte das Gesetz der schwarz-roten Vorgängerregierung zum Sperren der Internetseiten bisher nicht unterzeichnet und von der neuen Koalition ergänzende Informationen verlangt. Kritiker halten auch die neue Maßnahme für unwirksam.
Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans wollte sich nicht zum exakten Inhalt der Stellungnahme an Bundespräsident Köhler äußern. Er verwies aber auf den Koalitionsvertrag, in dem vereinbart wurde, dass Union und FDP ein Löschen bevorzugen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stellte ein entsprechendes Gesetz in Aussicht.
Doch der neue Plan, Internetseiten mit Fotos und Videos sexuell missbrauchter Kinder zu löschen, greift aus Sicht von Netzgemeinde und Polizei ebenfalls zu kurz. Tenor: Bestehende Gesetze reichten bereits aus, um Kinderpornoseiten zu löschen. Christian Ahrendt, rechtspolitischer Sprecher der FDP sagte dem Abendblatt: "Das Anliegen ist nicht falsch, aber der Weg ist untauglich." Das Zugangserschwerungsgesetz gaukele einen Kampf gegen Kindesmissbrauch vor, den es gar nicht leiste. "Wer die kinderpornografischen Seiten im Netz findet, ist auch in der Lage, sie zu umgehen", sagte Ahrendt. "Wir müssen die Tat als solche bekämpfen. Wenn das Gesetz nicht in Kraft tritt, bin ich darüber nicht traurig."
Das bereits beschlossene Internetsperren-Gesetz hatte 2009 zur Amtszeit der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) für Wirbel gesorgt. Kritiker aus der Internetgemeinde sprachen von Zensur und monierten, dass die Sperren leicht zu umgehen seien.