Mit großer Mehrheit beschloss ein Landesparteitag das Wahlprogramm – erstmals in der Geschichte der Landespartei einstimmig.
Essen. Mit mehreren Bündnisoptionen sowie den Schwerpunkten Bildung und Kommunalfinanzen ziehen die nordrhein-westfälischen Grünen in den Landtagswahlkampf. Mit großer Mehrheit beschloss ein Landesparteitag am Samstag in Essen nach neunstündiger Delegiertenkonferenz Koalitionsaussage und Wahlprogramm – letzteres erstmals in der Geschichte der Landespartei einstimmig. Wunschpartner nach der Wahl im Mai bleibt die SPD.
Ausgeschlossen wird ein Bündnis mit CDU und FDP (Jamaika- Koalition) sowie eine von der Linken nur tolerierte Minderheitsregierung. In mehreren Umfragen liegen SPD, Grüne und Linke in NRW derzeit knapp vorn. Bei einem Ende der bisherigen schwarz-gelben Düsseldorfer Regierung ginge auch die Mehrheit für Union und FDP im Bundesrat verloren. FDP-Generalsekretär Christian Lindner bezeichnete die Grünen in einer Mitteilung als „das trojanische Pferd der Linkspartei“.
Inhaltlich werben die Grünen, ebenso wie die SPD, für eine Gemeinschaftsschule bis Klasse 10 und die Abschaffung der Studiengebühren in NRW. Über das Abitur nach 12 oder 13 Jahren sollen die Schulkonferenzen entscheiden können. In den Kindertagesstätten wird ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr angestrebt. Außerdem wollen die Grünen einen Sonderfonds des Landes auflegen, um arme Kommunen aus ihrer Altschuldenfalle zu befreien. In der Wirtschafts- und Klimapolitik soll eine ökologisch- soziale Wende eingeleitet werden.
Eine Koalition mit der CDU wird von den Grünen zwar nicht kategorisch abgelehnt, aber an Bedingungen geknüpft. Solange die CDU am bisherigen, aus grüner Sicht ungerechten Schulsystem festhalte, auf Kohle und Atom setze und „die Kommunen beraube“, könne sie für die Grünen kein Partner sein, sagte Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann. Sie forderte, die Linkspartei müsse sich entscheiden, ob sie in Regierungsverantwortung eine realistische ökologisch-soziale Reformpolitik mittragen wolle. Grünen-Parteichefin Claudia Roth schwor die 280 Delegierten auf einen engagierten Wahlkampf ein. „Im Mai klopfen wir den dicksten Stein aus der Mauer. Da fällt Schwarz-Gelb in Düsseldorf – da wackelt der Bund.“ Landtagsfraktionsvize Reiner Priggen erinnerte an zehn Jahre rot-grüner Streitkoalitionen in NRW zwischen 1995 und 2005. Nach seinen Erfahrungen in Koalitionsausschüssen mit den früheren SPD-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement und Peer Steinbrück könne er sagen: „Wir brauchen vor keiner Koalition mehr Angst zu haben – wir müssen aber auch nicht jede machen.“ Mit seiner Wahlaussage folgte der Parteitag ohne große Diskussionen den Empfehlungen des Landesvorstands. Auch die fehlende Festlegung gegen Schwarz-Grün wurde mehrheitlich akzeptiert. SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht bei der Wahl am 9. Mai indes eine reale Chance für Rot-Grün. Wenn sich der Trend aus den Umfragen stabilisiere, gebe es die Chance, ohne einen dritten Partner die Regierung zu stellen, sagte er am Rande eines Landesparteitages der schleswig- holsteinischen SPD in Neumünster.
Im Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“ bekräftigte Gabriel seine Absage an eine Koalition mit der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen: „Ich kann nicht ausschließen, dass die Partei Die Linke auch in NRW irgendwann dazulernt. Es ist aber ausgeschlossen, dass dies vor oder kurz nach der Wahl passiert.“ Die Linkspartei erwartet dagegen, dass eine rot-rot-grüne Regierung in NRW zustande kommen kann. „Die SPD wäre schlecht beraten, ein Ende der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat zu verhindern“, sagte die designierte Parteivorsitzende Gesine Lötzsch dem „Hamburger Abendblatt".