Langzeitarbeitslose sollen weiterhin eine Anlaufstelle haben. Die Aufgaben von Arbeitsagenturen und Kommunen werden getrennt.
Berlin. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat gestern ihre Pläne für die Neuorganisation der Jobcenter vorgelegt. Danach sollen Langzeitarbeitslose weiterhin nur eine Anlaufstelle haben, obwohl die Aufgaben von Arbeitsagenturen und Kommunen wieder getrennt werden müssen. Von der Leyen sagte, für die Menschen solle sich möglichst wenig ändern.
Das Kabinett will über die Gesetzesänderung Ende Februar entscheiden, im Sommer soll sie verabschiedet werden. Die Jobcenter müssen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bis Ende 2010 umorganisiert werden.
Die SPD-regierten Länder lehnen von der Leyens Pläne bisher ab. Sie fordern eine Grundgesetzänderung, um die Jobcenter in ihrer jetzigen Organisationsform zu erhalten. Diesen Lösungsweg schloss die Ministerin gestern aus. Darüber sei in Zeiten der Großen Koalition zwei Jahre lang erfolglos verhandelt worden, sagte Ursula von der Leyen. "Deswegen ist es jetzt höchste Zeit für eine pragmatische Lösung."
Die Ministerin erklärte, damit Länder und Kommunen zu den Vorschlägen Stellung beziehen könnten, gehe ihnen der Referentenentwurf in diesen Tagen zu. Im Kern beinhalte er zwei Änderungen: Die Antragsteller bekämen ab 2011 wieder zwei Bescheide, obwohl sie weiterhin nur einen Antrag stellten. Ein Bescheid komme von der Arbeitsagentur über das bewilligte Arbeitslosengeld II, der zweite von der Kommune über die Warmmiete. Sofern Arbeitsagenturen und Kommunen ab 2011 weiter eng kooperierten, kämen beide Bescheide in einem Brief. "Das heißt: Vor dem Tresen ändert sich nichts, hinter dem Tresen muss die Aufgabenverteilung wieder klar getrennt sein."
Für Sanktionen, so von der Leyen weiter, sei künftig allein die Arbeitsagentur verantwortlich, für soziale Hilfen wie Schuldnerberatung oder die Beschaffung eines Kindergartenplatzes die Kommune. Widersprüche oder Klagen seien künftig entweder gegen die Arbeitsagentur oder gegen die Kommune zu richten und nicht mehr gegen das Jobcenter. Das Bundesverfassungsgericht hatte verlangt, dass der Bürger wissen muss, welche Behörde für welche Leistung zuständig ist.
Das Karlsruher Urteil ist zwei Jahre lang ein Zankapfel der Großen Koalition gewesen. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil warf der Ministerin gestern vor, in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit eine "Chaotisierung" zu riskieren. Es müsse "eine dauerhaft tragfähige und verfassungsrechtlich saubere Lösung" für die Betreuung und Förderung von Langzeitarbeitslosen her. Diese Lösung sei bislang an der Union gescheitert. "Ich habe Frau von der Leyen unsere Zusammenarbeit angeboten und unsere grundsätzliche Bereitschaft für eine Grundgesetzänderung signalisiert", sagte Heil dem Hamburger Abendblatt. "Frau von der Leyen ist bisher nicht darauf eingegangen und besteht auf einer einfachgesetzlichen Lösung. Ich fordere sie auf, unsere ausgestreckte Hand zu ergreifen und sie nicht auszuschlagen."
Der damalige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) warf seiner Nachfolgerin vor, "mehr Bürokratie" zu produzieren. Von der Leyens Gesetzentwurf sei "nicht einmal die zweitbeste Lösung", sagte der SPD-Politiker dem Abendblatt. "Anders als bisher werden künftig zwei Behörden für jeden Arbeitssuchenden zuständig sein."