Die Jobcenter sind in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen will sie jetzt neu organisieren.
Berlin. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will in der kommenden Woche ihr Konzept für die Neuorganisation der Jobcenter vorlegen. Dies kündigte sie bei der Haushaltsdebatte im Bundestag an. Da die derzeitige Praxis der Mischverwaltung von Kommunen und Arbeitsagenturen bei der Betreuung von Hartz-IV-Empfängern vom Bundesverfassungsgericht beanstandet wurde, sei nun eine pragmatische Lösung gefragt. Für die Betroffenen werde sich dadurch „nicht viel ändern“, versicherte sie. Sie räumte ein, dass die beste Lösung im Sinne der Arbeitslosen zwar die Beibehaltung der gegenwärtigen Verwaltungsform sei. Dies sei aber nicht möglich, da das Bundesverfassungsgericht Änderungen verlange.
Doch genau dies, die Jobcenter so wie jetzt beizubehalten, forderte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. Er rief von der Leyen dazu auf, bei der Reform der Jobcenter „mehr Kreuz, mehr Mut“ zu zeigen, um Langzeitarbeitslose auch künftig aus einer Hand betreuen zu können. Dies erfordert aber eine Änderung des Grundgesetzes, zu der sich Heil bereit zeigte. Für eine Verfassungsänderung wäre die schwarz-gelbe Koalition auf die Stimmen der SPD angewiesen.
Die FDP wies das aus ihrer Sicht „fadenscheinige Angebot“ Heils zurück. Von der Leyen kündigte an, in dieser Frage nicht den Konsens mit der SPD zu suchen. Seit zwei Jahren werde erfolglos über eine Grundgesetzänderung verhandelt, um den Fortbestand der Jobcenter in der jetzigen Form zu ermöglichen, sagte die Ministerin. „Und deshalb ist jetzt der Pragmatismus gefragt.“
Die Arbeitsministerin warnte zudem davor, die Folgen der Wirtschaftskrise für den Arbeitsmarkt kleinzureden. „Wir sind noch lange nicht über den Berg.“ Die Prognosen seien aber nicht mehr so düster wie vor wenigen Monaten. Die Arbeitslosenzahl werde in diesem Jahr voraussichtlich die Vier-Millionen-Marke „nicht überschreiten“, sagte von der Leyen bei ihrem ersten Parlamentsauftritt nach ihrem Wechsel vom Familien- ins Arbeitsministerium.
Als Reaktion auf von der Leyen forderte die SPD die Bundesregierung auf, das Kurzarbeitergeld noch einmal zu verlängern. „Kurzarbeit ist wesentlich billiger als Arbeitslosigkeit“, sagte die SPD-Expertin Anette Kramme. Gesine Lötzsch von den Linken warnte, dass Union und FDP die Sozialsysteme „systematisch in den Ruin“ trieben. Sie kündigte Widerstand gegen Einsparungen an. Für die Grünen kritisierte Alexander Bonde, die Pläne für höhere Hinzuverdienstgrenzen bei Hartz-IV-Empfängern oder eine Anhebung der Minijob-Grenze über 400 Euro liefen auf eine Ausweitung des Niedriglohnbereichs hinaus.