Seit Tagen streitet die CDU über ihr Profil. Jetzt hat sich auch NRW-Landeschef Rüttgers eingemischt und den Zustand seiner Partei kritisiert.
Berlin. Kurz vor ihrer Klausurtagung ist die CDU auf der Suche nach dem richtigen Profil. Im Mittelpunkt der Debatte steht Parteichefin Angela Merkel. Einige hatten der Kanzlerin einen zu zurückhaltenden Führungsstil vorgeworfen. Andere verteidigten sie. Sie selbst schweigt. Nun hat sich auch der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit einem Paukenschlag in die Debatte eingemischt und den Zustand seiner Partei kritisiert. Die CDU „muss ihre traditionelle Stärke ausspielen – eben nicht nur eine Partei, sondern eine echte Union zu sein“, schrieb Rüttgers in einem Beitrag für die „Rheinische Post“. Es sei falsch, mit der FDP um dieselben Stimmen zu konkurrieren. Für ihn sei der Markenkern der Union „eine wertegebundene statt einer materialistischen Politik zu machen.“
Er zeigte sich zugleich enttäuscht vom Unionsergebnis bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr: „Die CDU hat bei der Wahl weder von der Schwäche der SPD noch von der Popularität der Kanzlerin profitiert. Der Wahlsieg ist ein relativer.“ Rüttgers dürfte den Streit um den Führungsstil der Kanzlerin damit neu befeuern.
Trotz der Kritik sieht der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), Merkel nicht als geschwächt, sondern als gestärkt an. „Die Kritik der vergangenen Tage kommt von einer kleinen, unzufriedenen Minderheit“, sagte Altmaier dem Hamburger Abendblatt. „Sie hat in der Konsequenz zu einer Stärkung der Solidarität mit Angela Merkel geführt. Das wird auch bei der Vorstandsklausur deutlich werden.“
Auch nach Einschätzung der Forschungsgruppe Wahlen führt Merkel ihre Partei weitgehend richtig. „Die Kritik an der Modernisierungsstrategie zeigt eine gewisse Realitätsferne“, sagte der Leiter des Umfrageinstitutes, Matthias Jung, der „Berliner Zeitung“.
Merkel wurde unter anderem auch vorgeworfen, kein Machtwort im koalitionsinternen Streit um weitere Steuersenkungen zu sprechen. Rüttgers stellte die umstrittenen Pläne, bereits im kommenden Jahr eine große Steuerreform umzusetzen, erneut in Frage. „Vielleicht müssen wir die Steuersenkungen auf der Zeitschiene strecken“, sagte er dem „stern“. Er habe den Eindruck, dass auch in der FDP der Zusammenhang zwischen Entlastungsplänen und Finanzierbarkeit gesehen werde, und setze daher auf einen „Neustart in der Steuerdebatte“. Entscheidend sei, welchen Spielraum für Steuersenkungen die nächste Steuerschätzung im Mai kurz vor der Landtagswahl in seinem Land bringe.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bekräftigte ebenfalls, dass die angestrebten Steuerentlastungen im kommenden Jahr nicht garantiert sind. „Da wollen wir hin, das ist unser Ziel. Allerdings muss es die Kassenlage zulassen. Das weiß auch die FDP“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Garantiert ist unser Entlastungswille, keine genaue Zahl.“ Gröhe betonte, der Koalitionsvertrag gelte als Ganzes. „Heißt: Wir müssen Steuerentlastungen und Sparkurs zusammenbringen. Die nächsten Monate werden zeigen, wie viel Spielraum für Entlastungen da ist.“
FDP-Generalsekretär Christian Lindner wies den Vorschlag die Reform zu verschieben allerdings umgehend zurück. „Wir wollen weiter auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung arbeiten“, sagte er am Mittwoch in Düsseldorf zu Reuters. Die Union, vor allem die CSU, habe selbst die Festlegung auf 2011 vorangetrieben. Eine zeitliche Verteilung der Reform sei in den Koalitionsverhandlungen ausdrücklich verworfen worden.