Verteidigungsminister Guttenberg steht wegen der Kundus-Affäre zunehmend unter Druck. Bei Reinhold Beckmann stand er Rede und Antwort.
Hamburg. Vorher noch schnell ein Foto für die Presse. Geduldig stellt sich Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) neben Reinhold Beckmann und knipst sein Kennedy-Lächeln an. Sollte ihm beim Gedanken daran unwohl sein, dass ihm gleich eine Menge unangenehme Fragen bevorsteht, so ist ihm dies nicht anzumerken. Guttenbergs Auftritt in der Talkshow "Beckmann", die gestern Nachmittag aufgezeichnet und am Abend ab 22.45 Uhr ausgestrahlt wurde, ist jedenfalls kein hastig anberaumter Versuch einer Image-Reparatur, während ihm Rücktrittsforderungen um die Ohren fliegen. Der Termin im Atelier 12 des Studios Hamburg war schon vor Wochenfrist festgezurrt worden.
Beckmann erscheint unrasiert, was sich Guttenberg vermutlich nicht einmal bei einem Schiffbruch gestatten würde. Staatsmännisch sitzt der Minister da, im anthrazitfarbenen Anzug, mit weißem Hemd und einer schicken, leicht nervös gemusterten schwarz-grau-weißen Krawatte, die bestimmt seine Frau ausgesucht hat. Beckmann feuert seine Fragen ab, es geht natürlich um Kundus, um Oberst Klein, um die Fragen: Wer wusste wann was und hat warum nichts gesagt?
Guttenberg senkt seine dunklen Augen in Beckmanns Blick und lässt sie meistens auch da. Eine Hand ruht auf der Manschette des anderen Armes, das schafft im Oberkörper einen geschlossenen Spannungskreis. Guttenberg macht deutlich, dass viele in der Politik die "kriegsähnlichen Zustände" in Afghanistan falsch eingeschätzt hätten. Und jene, "die jetzt aufjaulen, wie es sein kann, dass die Taliban überhaupt zu Zielen" werden können, sollten sich daran erinnern, dass sie damals darüber informiert worden seien, "was die Soldaten da unten jetzt machen können". Das Problem sei, dass "wir die Realitäten allzu oft verschwiegen haben". Beckmann stochert in der Affäre herum, noch einmal muss sich Guttenberg zu seiner frühen Fehleinschätzung des Vorfalls bekennen und doziert dann, die Bundeswehr habe "entgegen manch politisch kommuniziertem Bild - insbesondere aus Teilen der Opposition dieser Tage" - bereits vor dem 4. September "mehr Möglichkeiten des Vorgehens gehabt, als es manche darstellen". Ein Strategiewechsel sei dies aber nicht: "Ich würde es notwendige Anpassung am Realitäten nennen." So gebe es bereits die Möglichkeit, gegen die Taliban "aktiv offensiv" vorzugehen.
Die Entlassungen von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert verteidigt der Minister: "Das Vorenthalten von Dokumenten, die ich als wesentlich erachte, ist Grund genug". Nur eine steil gerunzelte Stirn ist Indiz dafür, dass ihn einige von Beckmanns Fragen nerven. Wenn es allzu lästig zu werden droht, verweist Guttenberg elegant auf die Verantwortung der Vorgängerregierung sowie den Untersuchungsausschuss. Bei der Frage, ob ihn Wichert und Schneiderhan nicht doch manipuliert hätten, leistet sich Guttenberg ein müdes Lächeln und schnappt: "Ich lasse mich nicht gern manipulieren". Als Beckmann erst Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und dann die Geigen-Göttin Anne Sophie Mutter an den Talk-Tisch bemüht, fällt die kontrollierte Anspannung von Guttenberg ab. Am Ende sagte die Mutter bedeutungsschwer: "Gott lädt uns nur so viel auf, wie wir schultern können". Guttenberg nickt: "Und manche können viel mehr schultern." Um Missverständnissen vorzubeugen, fügt er hastig hinzu: "Das gilt für Sie."