Der Konflikt um die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach schwelt weiter. Am Mittwoch wird über Klimaschutz debattiert.
Berlin. Diese Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ tief blicken: Nur knapp drei Wochen, nachdem ihre neuen Minister im Bundestag vereidigt worden waren, lud die Kanzlerin gestern ihre schwarz-gelbe Regierungsmannschaft zur Klausurtagung ins brandenburgische Meseberg.
Zu vielstimmig war er inzwischen geworden, der Chor zu den Hauptstreitfeldern Finanzen und Gesundheit, zu holprig vor allem der Start der liberalen Neulinge im Bundeskabinett.
Am Dienstagabend, nach mehrstündigen vertraulichen Gesprächen, traten schließlich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vor die Kameras, um zur Abwechslung ein Bild der Eintracht entstehen zu lassen. Ihre Botschaft: Die Koalition hat sich nach der kontroversen Debatte über die künftige Steuerpolitik auf finanzielle Entlastungen auch im Jahr 2011 festgelegt. Dann sollen wie schon 2010 Wachstumsimpulse mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro gesetzt werden, sagte Schäuble.
Grundlage für den Haushalt 2010 sei der erste Entwurf, der bereits von der Großen Koalition aus Union und SPD beschlossen wurde, betonte Schäuble. So solle die Neuverschuldung 86,1 Milliarden Euro keinesfalls überschreiten.
Union und FDP seien sich zudem einig gewesen, dass die Schuldenbremse gilt - und ab 2016 die Neuverschuldung nur noch maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Im Jahr 2013 soll die Gesamtverschuldung wieder unter die Maastricht-Defizitgrenze von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sinken, sagte Schäuble.
Mit dem neuen Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) habe er sich darauf verständigt, dass den Krankenkassen zur Bewältigung ihres Defizits einmalig 3,9 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden, teilte Schäuble mit. Auch der Stufentarif bei der Einkommenssteuer werde wie im Koalitionsvertrag vereinbart kommen. Brüderle sprach von einem "hohen Maß an Übereinstimmung" bei der Klausurtagung. Zwar gebe es deutliche Anzeichen für eine Konjunkturbelebung. "Aber wir sind noch nicht über dem Berg", sagte der FDP-Politiker. Deshalb seien weitere steuerliche Entlastungen zur Konjunkturbelebung unumgänglich. Ob das "große Steuerreform" oder anders genannt werde, sei "völlig unerheblich".
Der Streit um die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach war nach den Worten von Schäuble und Brüderle bis zum Abend noch kein Thema der Tagung. Steinbach hatte den Konflikt gestern selbst etwas entschärft. Sie will zwar weiter an ihrer Kandidatur für einen Sitz im Beirat der Vertriebenen-Gedenkstätte festhalten, zwang die Bundesregierung gestern Nachmittag aber nicht zu einer unmittelbaren Reaktion.
Um Schwarz-Gelb Zeit zu geben, die Streitfrage intern zu klären, verzichtete der BdV in Absprache mit Steinbach darauf, deren Nominierung wie ursprünglich geplant offiziell anzumelden.
Doch das so gewonnene Zeitfenster ist schmal: Der BdV forderte die Bundesregierung auf, noch während der Kabinettsklausur, die bis heute Mittag andauert, die Benennung von Steinbach zu akzeptieren. Die FDP lehnt Steinbach unter Berufung auf massive Kritik aus Polen ab. Westerwelle hatte deshalb angekündigt, im Kabinett sein Veto gegen eine Nominierung Steinbachs einzulegen.
Die Präsidentin reagierte erbost: "Es hat uns niemand reinzureden, wen wir als Opferverband jetzt benennen. Das würde man sich nicht wagen mit Vertretern der Evangelischen Kirche, mit Vertretern der Katholischen Kirche, man würde es nicht wagen, so etwas einer Gewerkschaft zuzumuten, und wir lassen uns das auch nicht gefallen." Und: Das Ganze sei "schon eine Art Demokratietest, wie mit dem Selbstbestimmungsrecht eines Verbandes umgegangen wird." Jetzt muss Angela Merkel vermitteln.
Weniger Konfliktstoff bieten die Themen Klimaschutz und Afghanistan, die an diesem Mittwoch ebenfalls im Barockschloss zur Sprache kommen sollen. Die Bundeskanzlerin bekräftigte gestern: "Wir müssen alles tun, damit es schnell zu einem verbindlichen Klimaabkommen kommt."