Aufwärtstrend bei der SPD? Das Wahldebakel hat bei den Sozialdemokraten eine Eintrittswelle ausgelöst.
Hannover. Die SPD hat am Sonnabend mit der Aufarbeitung ihrer historischen Wahlniederlage im September begonnen. Der designierte Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel und die designierte Generalsekretärin Andrea Nahles besuchten in Hannover eine Sitzung des Landesparteirats der niedersächsischen SPD und tauschten sich mit rund 150 Genossen aus den einzelnen Unterbezirken über die Ursachen für das Debakel und die Lehren daraus aus.
Die Diskussion unter Ausschluss der Öffentlichkeit war der Auftakt für eine bundesweite Tour von Gabriel und Nahles zu den einzelnen SPD-Landesverbänden in Vorbereitung des Bundesparteitages Mitte November in Dresden.
Für Unruhe gesorgt hatte vor der Veranstaltung ein Schreiben von Gabriel an mehrere Genossen, die Mitte der Woche an die Öffentlichkeit gelangt war. Darin bescheinigt der designierte Bundesvorsitzende seiner Partei einen „katastrophalen Zustand“. Die in der großen Koalition mitbeschlossene Rente mit 67 oder die Mehrwertsteuererhöhung habe „die Glaubwürdigkeit der SPD tief erschüttert“.
Einer der Delegierten wertete den Brief in Hannover als „ehrliche Analyse“. Allerdings enthalte er eine „kleine Erinnerungslücke“. So habe Gabriel offenbar vergessen, dass er in den Jahren der Regierungsbeteiligung der SPD im Bund selbst Verantwortung getragen habe, sagte der Delegierte.
SPD hat nach dem Wahl-Desaster wieder Zulauf
Unterdessen berichtet der „Spiegel“ über eine Eintrittswelle bei den Sozialdemokraten: Seit der verlorenen Bundestagswahl am 27. September haben sich demnach 2.525 meist jüngere Leute per Internet als neue Mitglieder angemeldet. Da erfahrungsgemäß viele auch ganz traditionell bei den Ortsvereinen eintreten, werde im Berliner Willy-Brandt-Haus mit mehr als 3.200 neuen Genossen gerechnet, hieß es in einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins.
Der Frankfurter Sozialpsychologe Rolf van Dick erklärt laut „Spiegel“ die Eintrittswelle damit, dass das „Wahlergebnis der SPD ein Schock für viele Linksliberale“ war und damit der Anstoß, sich selbst zu engagieren, weil sie davon ausgingen, dass die Volkspartei wichtig für dieses Land sei.