Die Zahl der Demenzkranken in Deutschland steigt dramatisch. Aber die Erkrankung wird oft nur „nebenbei“ festgestellt. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will dagegen vorgehen.
Berlin. Altersverwirrte Menschen werden aus Sicht von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) nicht optimal versorgt. Oft werde eine Demenz nur nebenbei festgestellt, wenn Patienten wegen anderer Krankheiten beim Arzt oder in der Klinik seien, sagte Schmidt. Zudem fehle oft eine zielgenaue Behandlung mit Medikamenten.
Sie regte „Leitlinien“ an, also Vorgaben, an die sich alle Ärzte halten sollen. Darin soll unter anderem klargestellt werden, in welcher Phase einer Demenz welche Medikamente eingesetzt werden sollten. Außerdem seien „Netzwerke“ zwischen Ärzten, Kliniken und Angehörige angeraten. Sie sei auch offen für den Vorschlag, die Versorgung von Demenzkranken im Finanzausgleich der Krankenkassen (morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich) stärker zu berücksichtigen. Politisch sehe sie dafür allerdings keine Mehrheiten, sagte Schmidt.
Eine neue Studie hatte vor wenigen Wochen ergeben, dass die Zahl der Demenzkranken in den nächsten Jahren drastisch zunehmen wird, weil es mehr ältere Menschen gibt und im Alter die Wahrscheinlichkeit solcher Erkrankungen steigt. Derzeit gibt es 1,1 Millionen Demenzkranke, 2020 sollen es bereits 1,6 Millionen sein.
Auch der Wuppertaler Geriater Ingo Füsgen kritisierte, dass das deutsche Gesundheitswesen darauf nicht eingestellt sei. Es gebe eine Tabuisierung von Demenz, nicht nur bei den Betroffenen und ihren Angehörigen, sondern auch „in den Köpfen der Ärzte“. Diese befassten sich zu wenig damit, deshalb werde Demenz oft nicht erkannt. „Ein globales Problem wird im Verteilungskampf bewusst weggedrückt“, sagte Füsgen.
Der frühere AOK-Vorstandsvorsitzende Hans Jürgen Ahrens schlug ein strukturiertes Behandlungsprogramm, ein sogenanntes DMP, auch für Demenz vor. Dies könne zur besseren Koordinierung der Behandlung beitragen, sagte er.