Auch 91 Prozent der Bürger unterstützen ihr Gesetz. Heute stimmt das Parlament darüber und über 50 weitere Vorlagen ab.
Hamburg. Die Zahl ist gewaltig. Bis zu 450 000 Zugriffe auf kinderpornografische Seiten könnten mit entsprechenden Stoppseiten täglich im Internet verhindert werden, hat Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hochgerechnet. Beflügelt von diesen Erfolgsaussichten und der Überzeugung, damit auch das widerwärtige Geschäft mit diesen Bildern empfindlich stören zu können, hat die Ministerin innerhalb von sieben Monaten gegen heftigen Widerstand das entsprechende Gesetz auf den Weg gebracht.
Vorgestern wurden die letzten Unstimmigkeiten mit dem Koalitionspartner SPD ausgeräumt. Gestern gaben die zuständigen Ausschüsse mit den Koalitionsmehrheiten ihre Zustimmung. Heute soll es im Bundestag verabschiedet werden. Dann fehlt noch das Ja des Bundesrates und die Provider müssen, wie etwa auch schon in Skandinavien, Italien, Großbritannien und der Schweiz, für bestimmte Internetseiten Stopphinweise einrichten. Welche Seiten betroffen sind, entscheidet das Bundeskriminalamt (BKA). Die fünf größten Internetanbieter haben sich freiwillig dazu verpflichtet.
Die Mehrheit der Deutschen weiß die Bundesregierung heute im Bundestag trotz starken Widerstands aus der Internetgemeinde hinter dem Vorhaben. Nach einer gestern veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Allensbach-Instituts befürworten 91 Prozent der Befragten die Regelungen, nur sechs Prozent halten sie nicht für effektiv. Auch 89 Prozent der starken Internetnutzer empfinden laut Umfrage die Regelungen als positiv, lediglich drei Prozent von ihnen sehen durch sie das Grundrecht auf Informationsfreiheit eingeschränkt. "Ich freue mich sehr, dass nicht nur der Bevölkerungsschnitt, sondern eine fast ebenso große Mehrheit der Menschen, die das Internet täglich nutzen, die Sperrung von Kinderpornografie im Netz begrüßen", sagte von der Leyen.
Fast zeitgleich lief nämlich auch die Unterzeichnungsfrist für eine Online-Petition gegen die Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten mit der Rekordbeteiligung von 134 014 Unterschriften aus. Die Kritiker fürchten Zensur im Internet und die Gefährdung der Informationsfreiheit. Sie haben sich nun das Recht erkämpft, öffentlich vom Petitionsausschuss des Bundestages angehört zu werden. Auch wenn das erst nach der Bundestagswahl sein wird, hat der massive Widerstand die Politiker nachdenklich gemacht. Der Gesetzentwurf wurde in entscheidenden Punkten nachgebessert.
Für das BKA wird es eine Kontrollinstanz geben. Der Datenschutzbeauftragte benennt fünf Mitglieder eines Gremiums, das die Sperrlisten einsehen kann. Die Daten der Internetnutzer, die (zufällig oder nicht) auf die Stoppschilder gelangen, sollen nicht gespeichert oder für die Strafverfolgung genutzt werden. Die Internetsperren werden zudem nicht über das Telemediengesetz, sondern ein "Zugangserschwerungsgesetz" geregelt. Damit soll verhindert werden, dass die Sperrungen auch auf andere Themen ausgeweitet werden. Nach zwei Jahren wird das Gesetz zudem einer Prüfung unterzogen.