Die Zahlen der Steuerschätzer sind deprimierend. Auf manche Politiker scheinen sie derart niederschmetternd zu wirken, dass sie den gestaltenden Teil ihres Berufslebens am liebsten gleich ad acta legen würden.
Eine große Steuerreform, gar Steuergeschenke für den Normalbürger? In Generationen nicht daran zu denken! Scheint auf den ersten Blick plausibel, doch ist es nicht die ganze Wahrheit.
Erstens handelt es sich bei den Steuerschätzungen, wie der Name schon sagt, nur um Annahmen, die der Politik eine Planungsgrundlage geben sollen. Gestimmt haben sie selten, da sich die Zukunft auch nicht wissenschaftlich vorhersagen lässt. So ist jede Steuerschätzung lediglich die Korrektur eines vorangegangenen Irrtums.
Zweitens ist es kein Geschenk, wenn der Staat seinen Bürgern nicht ganz so viel abnimmt wie bisher. Eine Minderung der Steuerlast in der großen Gruppe der mittleren Einkommen könnte sich belebend auf Konsum, Wirtschaft und Stimmung im Land auswirken. Zumindest sollte das weiterhin als nachdenkenswert erachtet werden. Bei ihren Milliardenzusagen für Not leidende Banken und strauchelnde Konzerne war die Politik jedenfalls nicht so zurückhaltend wie bei ihren Normalbürgern.
Drittens scheint es mit dem rechten Zeitpunkt für Steuerreformen so ähnlich wie mit den Gegentoren beim Fußball zu sein: Kurz vor der Halbzeitpause ist angeblich ein psychologisch besonders ungünstiger Moment. Wann aber sollte ein günstiger sein? Mit der Steuerreform klappte es nicht, als in den Boom-Jahren der Wirtschaft und nach der letzten Mehrwertsteuererhöhung die Einnahmen nur so sprudelten. Jetzt muss die Krise als Ausrede herhalten.
Aber nur mit einem einfacheren und gerechteren Steuersystem wird dieses Land wieder wachstumsfähig und krisenfester.