Peer Steinbrück wird in diesem Jahr den Schuldenrekord Theo Waigels von 1996 brechen.

Berlin

Ein solches Finanzierungsloch hat es in den deutschen Staatskassen noch nicht gegeben: Bund, Länder und Gemeinden müssen sich bis 2013 auf Steuerausfälle von insgesamt 316 Milliarden Euro einstellen. Das errechnete der Arbeitskreis Steuerschätzung, der drei Tage lang die vorliegenden Daten gesichtet hatte.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprach von "ziemlich bedrückenden Zahlen". Er kündigte an, dass die Neuverschuldung in diesem Jahr auf 50 Milliarden Euro steigen wird. Der bisherige Schuldenrekord von 40 Milliarden Euro, den der damalige CSU-Finanzminister Theo Waigel im Jahr 1996 aufgestellt hatte, wurde damit überboten.

Ursprünglich war sogar von 80 Milliarden die Rede gewesen, was manche Haushaltspolitiker weiterhin für wahrscheinlich halten, sobald die Belastungen aus dem Investitions- und Tilgungsfonds des Konjunkturpakets hinzugezählt werden. Deutschland steuert damit auf Schulden von insgesamt mehr als zwei Billionen Euro zu. In der kommenden Legislaturperiode geht das Schuldenmachen weiter: Für 2010 sei eine Summe von bis zu 90 Milliarden Euro möglich, sagte Steinbrück. Bis Ende Mai will er einen zweiten Nachtragsetat für 2009 vorlegen.

Die Steuerausfälle vor allem durch die Konjunkturkrise übertreffen alles Dagewesene. Allein in diesem Jahr muss der Staat mit Mindereinnahmen von 45 Milliarden Euro gegenüber der November-Schätzung rechnen. Für 2010 wird nochmals mit einem Ausfall von 84,7 Milliarden gerechnet im Vergleich zur Steuerschätzung vor einem Jahr. 2011 könnten die Steuereinnahmen dann gegenüber dem Vorjahr zwar wieder leicht zulegen, allerdings von einem deutlich niedrigeren Niveau. Fast die Hälfte der möglichen Steuerausfälle betrifft den Bund.

Nach Ansicht der CDU muss angesichts der Steuerausfälle das Wachstum stärker angekurbelt werden. Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: "Wir brauchen alles, was Wachstum fördert." Die Union wolle in der kommenden Wahlperiode den Haushalt konsolidieren, Innovationen auf den Weg bringen und die Bürger steuerlich entlasten. Die Zahlen seien kein Grund für "finanzpolitische Verzagtheit", sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

SPD-Chef Franz Müntefering warnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor falschen Versprechungen für Steuersenkungen. "Das auf 2012 zu fixieren, ist unehrlich. Damit macht man den Menschen etwas vor", sagte er dem Bonner "General-Anzeiger". Noch sei unklar, wann es angesichts der Krise wieder Spielraum für Entlastungen gebe. Pofalla betonte, die Parteivorsitzende habe sich noch nicht auf ein Jahr festgelegt, nur auf weitere Entlastungen in der kommenden Wahlperiode.