Zum 60-jährigen Bestehen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat Bundespräsident Horst Köhler eine kritische Zwischenbilanz gezogen. Mit...
Berlin. Zum 60-jährigen Bestehen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat Bundespräsident Horst Köhler eine kritische Zwischenbilanz gezogen. Mit den 30 Artikeln, die am 10. Dezember 1948 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, sei schon "viel erreicht" worden, schrieb Köhler in einem Grußwort zu den heutigen Feierlichkeiten. "Dennoch sind auch heute noch der Schutz der Menschenrechte und die Achtung der Menschenrechte in vielen Teilen der Erde nicht gesichert."
Der Bundespräsident verwies darauf, dass der Ruf nach Freiheit und Menschenrechten auch zur friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands beigetragen habe. "Wir in Deutschland leben in Frieden und Freiheit. Auch aus Dankbarkeit dafür erwächst die Verantwortung, uns für Menschenrechte einzusetzen", betonte Köhler. "Wo sie verletzt werden, dürfen und wollen wir nicht schweigen - das gilt auch für unser eigenes Land." Die Menschenrechte müssten immer wieder aufs Neue "erklärt, begründet und verteidigt" werden.
In Deutschland erinnerten zahlreiche Politiker daran, dass grundlegende Rechte in vielen Ländern weiterhin mit Füßen getreten werden. Als Beispiele wurden Staaten wie China, Weißrussland, Sri Lanka, Simbabwe und der Kongo sowie die Darfur-Region im Sudan genannt. Die Generalsekretärin der deutschen Amnesty-International-Sektion, Barbara Lochbihler, sagte, auch in Deutschland gebe es eine "Lücke zwischen Versprechen und Verhalten". "Wer ohne Papiere unter uns leben muss, kann vielfach nicht zum Arzt gehen und seine Kinder nicht zur Schule schicken." Dies verletze die "Kernidee" der Erklärung.
In Berlin wird heute mit einer Feierstunde an die Unterzeichnung erinnert. Dabei werden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Reden halten. Anschließend findet am Brandenburger Tor eine "Lichteraktion" statt, bei der mehrere Tausend Kerzen angezündet werden sollen. Ähnliche Aktionen sind in zahlreichen anderen Ländern geplant.
Am 10. Dezember 1948 trat Eleanor Roosevelt, die Witwe des ehemaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, vor den Vereinten Nationen ans Rednerpult. "Ich lese Ihnen jetzt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vor", sagte sie schlicht. "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren", heißt es in dem 30 Artikel umfassenden Dokument. "Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person." 48 der damals 56 Uno-Mitgliedsstaaten stimmten im Pariser Palais de Chaillot für das in zweijähriger Kleinarbeit ausgehandelte Papier. Acht Länder - darunter die Sowjetunion, Saudi-Arabien und Südafrika - enthielten sich der Stimme.
Nach den barbarischen Erfahrungen von zwei Weltkriegen, Naziterror und Holocaust wollte die Weltgemeinschaft einen Wertekodex festlegen, der die Menschenrechte unter den Schutz der Allgemeinheit stellt. Obwohl die Erklärung rechtlich nicht verbindlich ist und von neuen Uno-Mitgliedern noch nicht einmal eigens unterschrieben werden muss, gilt sie als unverbrüchliche Grundlage des Völkerrechts.