Die Turbulenzen der letzten Woche waren ihnen noch anzusehen, als sie gestern Abend im Studio des ARD-Talkers Reinhold Beckmann saßen. Dagmar...
Hamburg. Die Turbulenzen der letzten Woche waren ihnen noch anzusehen, als sie gestern Abend im Studio des ARD-Talkers Reinhold Beckmann saßen. Dagmar Metzger, Jürgen Walter, Silke Tesch, Carmen Everts: Die mittlerweile deutschlandweit als "Abweichler" bekannt gewordenen hessischen SPD-Abgeordneten versuchten zu erklären, warum sie vor gut einer Woche in letzter Sekunde ihrer Parteichefin Andrea Ypsilanti die Gefolgschaft verweigerten , als die sich mithilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen wollte.
Eine reine Gewissensentscheidung sei das gewesen, beteuern alle vier. Schließlich war den Hessen vor der Wahl versprochen worden, dass es keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei geben würde. Viel war auch die Rede von innerparteilichem Druck, der Walter, Tesch und Everts in ihrer Entscheidung hatte zögern lassen. Dagmar Metzger, die sich schon im März gegen den Linkskurs entschieden und damit Ypsilantis ersten Versuch der Regierungsbildung zum Scheitern gebracht hatte, sei seitdem großen Anfeindungen in der Partei ausgesetzt gewesen. "Manche Parteiratssitzung hat einem Tribunal geglichen, Hass und Häme sind da ausgegossen worden", berichtete Tesch. Da habe sie sich gefragt: "Kannst du das wie Dagmar Metzger ertragen?" - und weiter gezögert mit ihrer Entscheidung.
Alle vier nehmen auch für sich in Anspruch, den Linkskurs Ypsilantis seit Langem kritisiert zu haben. "Man hatte aber den Eindruck, dass da gar nichts mehr zu beraten war. Der Kurs stand lange fest", meinte Walter. Auch in Aussicht gestellte Minister- oder Landtagsvizepräsidententenposten konnten keinen der Abweichler umstimmen.
"Wir wollten Roland Koch ablösen", meinte Carmen Everts zu Beginn der Sendung. "Neuwahlen hatte ich sicher nicht gewollt", bekannte Dagmar Metzger. Beides ist gründlich danebengegangen.
Aus Protest gegen die vier hatten 20 Studenten und Schüler Walters Wahlkreisbüro in Friedberg besetzt. Die hessische SPD-Fraktion habe die vier per Brief aufgefordert, nicht an weiteren Sitzungen teilzunehmen, sagte SPD-Sprecher Frank Steibli.