Mit dem Konzept "Bürgerarbeit" geht das Land Sachsen-Anhalt zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) einen neuen Weg zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Das Modell ist bundesweit einzigartig - noch. Im Februar soll Bürgerarbeit in Barleben bei Magdeburg starten, später auch in Schmölln in Thüringen. Interesse an dem Modell haben auch Sachsen, Brandenburg, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz angemeldet. "Jeder Arbeitslose bekommt ein Job-Angebot", sagt Rainer Bomba, Chef der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Sachsen-Anhalt und Thüringen in Halle. "Wenn er das Angebot ablehnt, ist Schicht." Das heißt: Kürzung des Arbeitslosengeldes bis zu 30 Prozent. Bürgerarbeiter können alle Arbeitslosen sein, "bei denen wir früher aufgegeben haben", erklärt Bomba. Also alle Chancenlosen, die als nicht "marktgängig" gelten. Von den 331 Arbeitslosen in Bad Schmiedeberg, die zu einem Vermittlungsgespräch eingeladen wurden, hätten sich nur fünf als arbeitsunwillig abgemeldet. "Damit räumen wir mit dem Vorurteil vom faulen Arbeitslosen auf", so Bomba.
Weiterer Vorteil des Projekts: Schwarzarbeit wird aufgedeckt. "Elf Prozent der Arbeitslosen haben sofort ihren Job offengelegt, um nicht Bürgerarbeit machen zu müssen." Bürgerarbeiter sind ausschließlich in gemeinnützigen Bereichen wie Vereinen, in der Kirche, der Seniorenbetreuung oder im außerschulischen Bereich beschäftigt. Kein regulärer Job dürfe verdrängt werden. "Mit Bürgerarbeit setzen wir das Prinzip ,Fördern und Fordern` konsequent um", sagt Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU). Er gilt gemeinsam mit Agenturchef Bomba als "Vater" des Projekts. Alle bisherigen Instrumente wie Ein-Euro-Jobs oder ABM-Stellen kosteten mehr als die Finanzierung der Arbeitslosigkeit - das neue Modell hingegen sei kostenneutral. Und: "Bürgerarbeiter zahlen ihre Sozialabgaben selbst." Laut Minister Haseloff ist das ein wichtiger psychologischer Aspekt für die Langzeitarbeitslosen.
Finanziert wird der auf ein Jahr befristete Modellversuch in Bad Schmiedeberg von der Bundesarbeitsagentur und aus Fördermitteln der Europäischen Union.
Der Lohn für die Bürgerarbeiter speist sich aus zwei verschiedenen Töpfen: zum einen aus dem Arbeitslosengeld plus Miete, Heizung und Versicherungen, die der Bund und die Kommunen übernehmen, und zum anderen aus Mitteln der Bundesarbeitsagentur für die Eingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Und hier liegt der Haken, warum das Projekt bislang nicht flächendeckend ausgeweitet werden kann: Eine Vermischung der beiden Finanztöpfe ist ohne Gesetzesänderung nicht möglich.
Dass Bürgerarbeiter Chancen haben, wieder einen "echten" Job zu finden, zeigen Bomba zufolge Erfahrungen in Magdeburg. Im dortigen Lebenshilfe-Werk startete im August 2006 ein "Laborversuch" des Projekts. Ergebnis: Zwei der 20 Bürgerarbeiter haben einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden.