Der Bundeswirtschaftsminister im Abendblatt: Der Ruf nach zusätzlichen Konjunkturprogrammen wäre leichtsinnig. Guttenberg sieht positive Signale aus der Wirtschaft.

Hamburg. Vor dem Gipfeltreffen zur Wirtschaftskrise im Bundeskanzleramt hat sich Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegen weitere Konjunkturmaßnahmen ausgesprochen. "Einen wohlfeilen Ruf nach rein quantitativen, zusätzlichen Konjunkturprogrammen erwarte ich nicht. Dies wäre leichtsinnig und falsch", sagte zu Guttenberg dem Hamburger Abendblatt. "Eher wünsche ich mir einen Beitrag der versammelten Wirtschaftskompetenz dazu, was jede gesellschaftliche Gruppe von sich aus zur Bekämpfung der Krise zusätzlich leisten kann."

Das Gipfeltreffen könne "eine Zwischenbilanz der getroffenen, umfassenden Stabilisierungsmaßnahmen ziehen", fügte der Minister hinzu. "Ich erhoffe mir auch neue Hinweise darauf, wo im Einzelnen noch abgerundet werden sollte, zum Beispiel bei der Neutralisierung toxischer Wertpapiere oder bei der frühen Bekämpfung sich verhärtender Arbeitslosigkeit."

Zu Guttenberg betonte: "In jedem Fall wollen wir nach den lauten, teilweise abstrusen Wahlkampfknallern vom letzten Wochenende beim Gipfel unter Leitung der Bundeskanzlerin zeigen, was nüchterne, sachbezogene Politik bewegen kann."

Zugleich verwies der Minister auf positive Signale aus der Wirtschaft: "Die wirtschaftlichen Kennziffern haben sich national wie weltweit bis zuletzt sehr verschlechtert. Andererseits gibt es Hoffungszeichen wie die verbesserte Ertragslage einiger Banken, die leichte Erholung der Aktienmärkte sowie die Stabilisierung der Stimmungsindikatoren."

Mit seinem Nein zu weiteren Konjunkturmaßnahmen ging zu Guttenberg auch auf Distanz zu EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla, der Deutschland am Wochenende aufgefordert hatte, die Sozialleistungen auszuweiten. "Wenn sich Deutschland für ein Sozialpaket entscheidet, begrüße ich das ausdrücklich", sagte Spidla dem Abendblatt. "Wer in der Krise die Sozialleistungen ausweitet, stärkt die sogenannten automatischen Stabilisatoren. Das ist günstig für die Konjunktur."

Der tschechische EU-Kommissar bezeichnete es als "überlegenswert", das Kurzarbeitergeld in Deutschland von 18 auf 24 Monate zu verlängern. Über Maßnahmen wie die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I oder die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes müsse "auf nationaler Ebene gründlich diskutiert werden."