Die Vorschläge zu den Konsequenzen aus Winnenden seien “populistisch“, sagt der Regierungschef. Horst Köhler fordert indes strenge Regeln für Killerspiele.
Winnenden/Berlin. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck hat vor falschen Konsequenzen aus dem Amoklauf von Winnenden gewarnt. "Die ganzen Vorschläge, die jetzt gemacht werden, halte ich für populistisch und vordergründig. Sie entspringen der Hilflosigkeit und dem Drang, wahrgenommen zu werden", sagte Beck dem Hamburger Abendblatt.
"Weder ein schärferes Waffenrecht noch unangemeldete Kontrollen könnten verhindern, dass Menschen so unverantwortlich mit ihren Gewehren und Pistolen umgehen, wie das bei den Eltern des Amokläufers offensichtlich der Fall war", sagte der SPD-Politiker und fügte hinzu: "Ich sehe nichts, was die Politik nach der Katastrophe ändern könnte. Ich kann nur davor warnen, den Eindruck zu erwecken, dass man einen solchen Amoklauf auf irgendeine Weise verhindern könnte."
Das Verkehrteste wäre nach Becks Ansicht, die Waffen von Sportschützen in den Schützenvereinen aufzubewahren. "Denn die Vereinsheime und Schießstände liegen aus Lärmschutzgründen außerhalb der Ortschaften. Wie will man ein ganzes Waffenarsenal dort einbruchsicher verwahren? Das schafft kein Mensch", sagte Beck.
Bundespräsident Horst Köhler hat dagegen schärfere Bestimmungen für gewaltverherrlichende Killerspiele gefordert. "Sagt uns nicht der gesunde Menschenverstand, dass ein Dauerkonsum solcher Produkte schadet? Ich finde jedenfalls: Dieser Art von ,Marktentwicklung' sollte Einhalt geboten werden", sagte Köhler am Sonnabend beim Staatsakt für die 15 Opfer des Amoklaufs vom 11. März im baden-württembergischen Winnenden. Köhler sagte, genau wie die Eltern und Angehörigen von Opfern wolle er, dass sich etwas ändere. "Und da ist nicht nur der Staat gefordert." Es sei auch "eine Frage der Selbstachtung, welche Filme ich mir anschaue, welche Spiele ich spiele, welches Vorbild ich meinen Freunden, meinen Kindern und Mitmenschen gebe". Man müsse auch Nein zu Dingen sagen, "die man für schlecht hält - auch wenn sie nicht verboten sind".
"Killerspiele haben in Kinderzimmern nichts verloren", sagt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) der Zeitschrift "Super Illu". "Ein Verbot von gewaltexzessiven Computerspielen ist kein Populismus oder hilfloser Aktionismus. Im Gegenteil: Wer die wachsende Kinder- und Jugendgewalt ernsthaft eindämmen will, kommt an diesem Thema nicht vorbei."
Die Familien von fünf getöteten Schülern hatten in einem offenen Brief an Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Baden- Württembergs Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) Konsequenzen gefordert. In dem Schreiben (siehe nebenstehender Artikel) appellieren sie unter anderem an die Politiker, den Zugang Jugendlicher zu Waffen zu erschweren, Gewaltdarstellungen im Fernsehen einzuschränken und Killerspiele zu verbieten. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will eine Initiative für ein schärferes Waffenrecht einbringen. Er forderte, dass Jäger und Sportschützen höchstens drei Gewehre besitzen dürfen. Er regte zudem an, Jägern den Besitz von Pistolen zu verbieten. Dem "Spiegel" sagte Körting, die anderen SPD-Innenminister verfolgten eine ähnliche Linie. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte ein härteres Vorgehen gegen Computer-Killerspiele. Er sagte der "Welt am Sonntag": "Die freiwillige Selbstkontrolle der Spiele-Industrie funktioniert nicht richtig." Die Kritik des Ministers richtet sich vor allem an die Freiwillige Selbstkontrolle (USK) und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.