Eine Milliarde Euro Überschuss haben die gesetzlichen Kassen 2008 gemacht. Allein die großen drei TK, Barmer und DAK trugen zur Hälfte des Gewinns bei. Doch Bonus-Prämien können sie nicht ausschütten. Zu vage sind die steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen. Noch immer fürchten die Kassen, irgendwann Zusatzprämien fordern zu müssen. 2009 soll das noch nicht sein.
Hamburg. Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland haben das Jahr 2008 mit einem Überschuss abgeschlossen. Doch die Versicherten können nicht damit rechnen, Prämien ausgezahlt zu bekommen. Das Plus liegt nach vorläufigen Zahlen bei gut einer Milliarde Euro und damit bei 0,6 Prozent dessen, was im neuen Gesundheitsfonds liegt.
Die großen drei Techniker Krankenkasse, Barmer und DAK haben 2008 derart vorsichtig gewirtschaftet, dass sie mit ihren angepeilten Überschüssen (199 Millionen, 223 Millionen und 148 Millionen Euro) etwa die Hälfte des Gesamt-Plus ausmachen. Dabei hat das Trio der Branchenführer "nur" 30 Prozent Marktanteil.
Nach Informationen des Abendblattes aus Kassen- und Expertenkreisen denken die Marktführer nicht daran, Prämien an ihre Millionen Versicherten auszuschütten. Zu unsicher ist die Finanzlage, zu vage die Aussicht, dass im Jahr 2009 der Fonds das Geld hergibt, das er verspricht. Wegen des drohenden Anstiegs der Arbeitslosigkeit könnte der Gesundheitsfonds schnell in eine Schieflage kommen. Außerdem fürchten die Kassen hohe Ausgaben für Arzneimittel und Ärzte.
"Es geht allen Kassen darum, Zusatzbeiträge zu vermeiden", sagte TK-Sprecherin Dorothee Meusch. Deshalb kalkuliere die TK gewohnt vorsichtig. Eine Handvoll Kassen hat angekündigt, kleine Prämien auszahlen zu wollen. "Sind zehn Euro ein starker Anreiz, um die Kasse zu wechseln?", fragt Meusch.
Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP, sagte dem Abendblatt: "Wir wissen nicht, was auf die Kassen aufgrund der Wirtschaftskrise und der steigenden Arbeitslosigkeit noch zukommt. Aber es ist eine Folge des Gesundheitsfonds, dass die Krankenkassen keine Beitragsautonomie mehr haben. Daher bleiben sie zurückhaltend, was Ausschüttungen an die Versicherten angeht."
Der grüne Gesundheitspolitiker Harald Terpe sagte dem Abendblatt: "Eigentlich war als Wettbewerbselement im Gesundheitsfonds geplant, dass Überschüsse an die Kunden zurückgegeben werden sollen. Es liegt aber im Ermessen der Kassen, das Geld für ihre Vorausplanung zu verwenden. Wenn die Kassen das Geld ausschütten würden, müssten sie mehr staatliche Darlehen in Anspruch nehmen. Das wäre nicht gut."
Gut zwei Millionen Menschen wechseln jedes Jahr die Kasse, Zusatzbeiträge oder Bonus-Prämien könnten den Herdentrieb beschleunigen und kleinere Kassen zur Aufgabe oder in eine Fusion zwingen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte gestern, durch den Gesundheitsfonds sei die Zahl der Kassen erstmals unter 200 gesunken.
Profiteure sind derzeit die Großen. Die TK wächst nach Mitgliedern und durch eine Fusion mit der IKK-Direkt am stärksten. Auch die ebenfalls in Hamburg beheimatete DAK ist Nutznießer. "Es zahlt sich aus, dass wir auf flächendeckenden Service setzen", sagte DAK-Sprecher Jörg Bodanowitz.
Dass die Ärzte trotz milliardenschwerer Zuweisungen auf einen Zuschlag für ihre Honorare pochen, sehen die Kassen gelassen. Wenn ein Arzt von Patienten allerdings Vorkasse verlange oder eine Behandlung ablehne, sei das rechtswidrig. DAK-Sprecher Bodanowitz sagte: "Wir fordern unsere Versicherten auf, uns die Namen der Ärzte zu nennen. Die geben wir an die Kassenärztlichen Vereinigungen weiter."