CDU beansprucht den Posten für sich. Aber auch die SPD hat schon einen Kandidaten.
Hamburg/Brüssel. Für einen Tag war Roland Koch (CDU) als EU-Kommissar im Gespräch. Spekulationen über einen Wechsel des hessischen Regierungschefs nach Brüssel gab es in der Vergangenheit immer wieder, nachdem der Sozialdemokrat Günter Verheugen schon im vergangenen Jahr verkündet hatte, der nächsten Kommission nicht mehr angehören zu wollen.
"Roland Koch kommt ohne Zweifel für wichtige Ressorts infrage", sagte der schleswig-holsteinische Europaabgeordnete und Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Reimer Böge (CDU), dem Abendblatt. Bisher waren auch der EU-Abgeordnete und Außenpolitiker Elmar Brok sowie Wirtschafts-Staatssekretär Peter Hintze immer als Kandidaten genannt worden. Hinzu kommt, dass die Union seit mehr als zwei Jahrzehnten in Brüssel keinen Kommissar mehr gestellt hat. Die beiden letzten waren Peter Schmidhuber und Karl-Heinz Narjes.
Das Magazin "Stern" hatte berichtet, die CDU wolle Koch als nächsten deutschen Kommissar in Brüssel sehen. In einer schwarz-gelben Regierung sei nach der nächsten Bundestagswahl kein adäquater Posten für ihn frei. Der jetzige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung könne dafür Koch in Wiesbaden beerben.
Doch dann dementierte die Bundesregierung alle Spekulationen über einen angeblichen Wechsel des hessischen Ministerpräsidenten nach Brüssel. "Solche Pläne gibt es nicht im Kanzleramt", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg gestern in Berlin. Auch in CDU-Kreisen in Berlin und Brüssel hieß es gestern gegenüber dem Abendblatt, Kanzlerin Merkel habe noch gar keine Entscheidung getroffen.
Roland Koch ist seit zehn Jahren Ministerpräsident in Hessen. Gestern erläuterte er nach erfolgreicher Wiederwahl in einer Regierungserklärung die Vorhaben der CDU/FDP-Koalition. Als "absurd" bezeichnete Kochs Regierungssprecher Dirk Metz den Bericht. Ironisch fügte er gegenüber Journalisten an: "Schreiben Sie doch, er wolle Uno-Generalsekretär werden."
Die SPD hat bereits den Anspruch angemeldet, diesen Posten erneut zu besetzen, und hat den Vorsitzenden der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz, nominiert.
Wann die Bundesregierung den möglichen EU-Kommissar benennt, hängt auch von Irland ab. Das Land hatte im Juni 2008 den EU-Reformvertrag von Lissabon per Referendum abgelehnt. "Der Europäische Rat hat sich im Dezember mit Irland darauf geeinigt, dass das Land einen weiteren Anlauf zur Ratifizierung des Vertrags unternimmt. Ein endgültiger Zeitplan dafür steht noch nicht fest", sagte Johannes Laitenberger, Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, dem Abendblatt.
Im Gespräch sind Juni und Oktober. Sagen die Iren im Sommer Ja, dann muss die Bundesregierung im Juli/August und damit vor der Bundestagswahl am 27. September ihren Kommissar benennen für die Kommission, die am 1. November ihr Amt antritt. Geht das Referendum erst im Herbst positiv aus, dann bleibt die jetzige Kommission länger im Amt - und Berlin kann den Kommissar nach der Wahl und unter Berücksichtigung möglicher neuer Koalitionen benennen.