Laut Studie überweisen viele Ärzte ihre Patienten gegen Prämien an bestimmte Einrichtungen. Gesundheitsminister fordert Kassen zum Handeln auf.
Berlin. Ärzte kassieren offenbar häufig Extrahonorare für die Überweisung von Patienten an bestimmte Kliniken. Jedes vierte Krankenhaus zahlt solche sogenannte Fangprämien, wie aus einer am Dienstag vorgestellten Emnid-Umfrage im Auftrag des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hervorgeht. Die Bundesärztekammer versuchte abzuwiegeln. Die umstrittene Studie platzt in den Auftakt des deutschen Ärztetages in Nürnberg.
Befragt wurden mehr als 1.100 niedergelassene Fachärzte, stationäre Einrichtungen und nichtärztliche Leistungserbringer. Fast die Hälfte der nichtärztlichen Leistungserbringer wie Sanitätshäuser, Hörgeräteakustiker oder Orthopädieschumacher geben zu, schon einmal Vorteile wie Geld, Kostenübernahme von Tagungen oder Sachleistungen erhalten zu haben. Zudem gab knapp ein Fünftel der Ärzte an, das Verbot, sich an der Zuweisung von Patienten zu bereichern oder dafür Vorteile zu gewähren, nicht zu kennen.
Der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, forderte vor diesem Hintergrund, gesetzlich stärker gegen Korruption bei niedergelassenen Ärzten vorzugehen. Es sei ein Skandal, dass jeder fünfte Arzt die berufsrechtlichen Verbote nicht kenne und zugleich Zuweisungen gegen Entgelt auch als selbstverständlich ansehe, sagte Kiefer. Die Ärzte handelten schließlich im Auftrag der Krankenkassen und Versicherten und dürften deshalb nicht über dem Gesetz stehen.
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat als Reaktion auf die Studie die Krankenkassen zum Handeln aufgefordert. „Die Gesetzeslage ist klar“, sagte Bahr am Dienstag am Rande des Ärztetags in Nürnberg. „Wenn ein Arzt gegen Entgelt in Kliniken zuweist, muss das geahndet werden.“ Die Kassen hätten alle Möglichkeiten, das zu tun. Kassen müssten Verdachtsfällen konkret nachgehen und Konsequenzen ziehen. Eine Studie alleine reiche nicht aus. Daten über einen Anstieg anonymer Meldungen solcher Fälle lägen nicht vor, sagte Bahr.
Die Bundesärztekammer hat die neue Fangprämien-Studie zurückgewiesen. Auf NDR Info warf der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, den Autoren der Studie am Dienstag Stimmungsmache gegen Mediziner zum Auftakt des 115. Deutschen Ärztetages vor. Montgomery bezweifelte auf NDR Info die Zahlen der Studie. Sollten sie stimmen, müsste es bei der Ärztekammer und den Staatsanwaltschaften viel mehr Anzeigen geben. Zugleich bezeichnete er die Diskussionen über Fangprämien als „uralte Kamellen“. Darüber habe man schon vor mehreren Jahren gestritten und daraufhin habe der Gesetzgeber einen entsprechenden Paragraphen geändert. Montgomery rief dazu auf, solche Vergehen anzuzeigen. Der 115. Deutsche Ärztetag beginnt am Vormittag in Nürnberg. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie das Gesundheitswesen künftig finanziert werden soll.
Rund 250 Mediziner kamen am Dienstag zum 115. Deutschen Ärztetag in Nürnberg zusammen. Die Delegierten wollen sich auf der viertägigen Tagung insbesondere mit Fragen der Finanzierung des Gesundheitswesen befassen. Der Deutsche Ärztetag ist die Hauptversammlung der Bundesärztekammer und findet einmal jährlich an wechselnden Orten statt.
Mit Material von dapd/epd/kna