Der politische Druck auf die rechtsliberale Regierung nimmt zu. EU-Kommissar Barroso beschwert sich bei Dänemarks Ministerpräsident.
Brüssel. Die von Dänemark angekündigten Grenzkontrollen könnten nach einer ersten Prüfung Brüssels gegen den Schengen-Vertrag und die Binnenmarktregeln verstoßen. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso werde seine Vorbehalte in einem Brief an Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen vorbringen, kündigte Barrosos Sprecherin an.
Kopenhagen hatte am Mittwoch angekündigt, an den Grenzen zu Deutschland und an Fähr- und Flughäfen wieder permanente Zollkontrollen einzuführen. Dafür sollen die Grenzposten wieder rund um die Uhr besetzt werden. Die ungarische Ratspräsidentschaft hatte am Donnerstag erklärt, die geplanten Maßnahmen verstießen nicht gegen die im Schengen-Vertrag festgelegte Reisefreiheit in Europa, weil keine systematischen Pass- und Personenkontrollen vorgesehen seien. Barroso sieht das anders. Nach einer ersten Rechtsanalyse bestünden erhebliche Zweifel, sagte seine Sprecherin Pia Ahrenkilde Hansen. Die Reisefreiheit und einer flüssiger Verkehr an den Grenzen seien Bestandteil des Schengen-Abkommens, sagte sie. Ebenso schreibe der EU-Binnenmarkt den freien Wahren- und Kapitalverkehr vor.
Ein Land rückt nach rechts - eine Momentaufnahme aus Kopenhagen
In einem Telefonat mit Barroso konnte Rasmussen die Vorbehalte nicht ausräumen. Barroso fordere ihn deswegen auf, die geplanten Maßnahmen nicht ohne weitere Absprache mit der EU-Kommission durchzuführen.
Dänemark hat nach Ansicht von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) „großen Schaden in Europa“ an. Das sei nicht nur ein Verlust der Reisefreiheit, sondern führe letztlich dazu, dass wieder jedes Land in Europa eine Sperrung seiner Grenzen überlege, sagte Friedrich am Rande der CDU-Innenministerkonferenz in Rostock-Warnemünde. „Ich hoffe, dass die Dänen in sich gehen“ und die Regelung zurücknehmen, sagte Friedrich. Mit dem Schengen-Abkommen sei es bislang jedem Land frei gestellt worden, Grenzkontrollen einzuführen, wenn es seine innere Sicherheit als gefährdet ansehe. „Das war schwammig“, gab Friedrich zu, sei jedoch völlig ausreichend gewesen. Jetzt habe Dänemark angekündigt, sogar wieder feste Kontrollpunkte an den Grenzen aufzubauen. „Wir müssen abklären, ob ein Land mit solchen Grenzkontrollen gegen das Gesetz verstößt.“ So weit sei die Überprüfung aber noch nicht. Er hoffe deshalb, dass Dänemark von sich aus die Kontrollen wieder abschaffe.
Bei Gesprächen hätten auch die Dänen immer wieder betont, dass die Errungenschaft der Reisefreiheit ein wichtiges Symbol für Europa sei, sagte Friedrich. Die Tatsachen, die Dänemark aber bereits geschaffen habe, riefen Besorgnis in ganz Europa hervor.
Lob für die international massiv kritisierten Grenzkontroll-Pläne des Nachbarn Dänemark gab es dagegen aus Schweden: Finanzminister Anders Borg sagte am Freitag in Stockholm, es sei „natürlich gut, dass Dänemark weitgehende Maßnahmen gegen Drogenschmuggel, kriminelle Aktivitäten, Menschenhandel oder sonst schädliche Aktivitäten zwischen unseren Ländern ergreift“. Dänemark und Schweden sind über die Öresund-Querung direkt miteinander verbunden. Bei der Vorstellung der Pläne für permanente neue Zollkontrollen am Vortag wurden neben der deutsch-dänischen Grenze auch die Fähr- und Landverbindungen zum skandinavischen Nachbarn als betroffen genannt. Borg meinte: „Solche Grenzkontrollen führen wir ja selbst auch durch.“ Der für Zollfragen zuständige Minister stellte sich aber auch hinter die von der EU-Kommission angekündigte juristische Prüfung der dänischen Pläne: „Die Kommission muss sicherstellen, dass es keine Einschränkung der freien Beweglichkeit gibt.“ (ddp/apd/dpa)