Kopenhagen will Beschlüsse in zwei bis drei Wochen umsetzen. Sorgen um Reisefreiheit.
Hamburg/Kopenhagen. Politiker sorgen sich um die Reisefreiheit in Europa, deutsche Tourismusunternehmen fürchten sinkende Urlauberzahlen im Nachbarland, Spediteure höhere Kosten: Die Ankündigung der Regierung in Kopenhagen, ständige Kontrollen an den Grenzen des Landes einzuführen, hat in Deutschland und Europa Empörung und Proteste ausgelöst.
"Wir dürfen nicht aufs Spiel setzen, was wir zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger erreicht haben", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). In einem Telefonat mit seiner Amtskollegin Lene Espersen forderte er die dänische Regierung auf, die Reisefreiheit in Europa nicht aufs Spiel zu setzen. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) äußerte die Sorge, andere europäische Länder könnten dem Beispiel Dänemarks folgen. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Thomas Oppermann, sprach von einem "schweren Schlag für Europa".
Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit verlangte gar, für Dänen eine Visapflicht einzuführen. Die Regierung in Kopenhagen müsse sich entscheiden. "Machen sie ernst mit den Grenzkontrollen, müssen sie raus aus dem Schengen-Raum. Dann brauchen sie selbst aber auch wieder Visa, wenn sie durch Europa reisen", sagte er "Spiegel Online". Zum Schengen-Raum gehören 22 EU-Staaten sowie die Schweiz, Norwegen und Island. An den Grenzen zwischen diesen Staaten wird nur stichprobenartig kontrolliert.
Auf Druck der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DVP) hatte die Minderheitsregierung in Kopenhagen angekündigt, an Grenzübergängen, in Fähr- und auf Flughäfen wieder "ständige Kontrollen" einzuführen. Finanzminister Claus Hjort Frederiksen sagte, "erste sichtbare Resultate" werde dies in zwei bis drei Wochen haben.
Integrationsminister Søren Pind betonte gestern, es seien Zoll-, keine Personenkontrollen geplant: "Die Zollbeamten werden nach Drogen und Waffen suchen, schauen, ob es eine merkwürdige Anzahl von Personen in merkwürdig aussehenden Autos gibt." Die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, der SSW, bezeichnete Kontrollen dennoch als "massive Behinderung der Menschen im Grenzland". Der SSW will, dass der Landtag in Kiel die dänische Regierung auffordert, ihren Beschluss zu überdenken.
Im Jahresdurchschnitt passieren täglich 17 000 Autos die deutsch-dänische Grenze, davon allein 5000 Lkws am Übergang Ellund auf der A 7. Bis zur Abschaffung der Grenzkontrollen vor zehn Jahren gab es dort während der Ferienzeiten in Deutschland vor allem an Wochenenden lange Staus.
Die deutsche Transport- und die Reisebranche fürchten, dass eine verschärfte Überwachung der Grenze Nachteile für Unternehmen und Kunden haben wird. "Die Entscheidung verzögert Transporte und erhöht die Kosten", sagte Kurt-Jürgen Schimmelpfeng, Geschäftsführer beim Verein Hamburger Spediteure, dem Abendblatt. Der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Jürgen Büchy kritisierte, die Einreise nach Dänemark werde erschwert. Die Zahl deutscher Touristen wird nach DRV-Einschätzung sinken. Dänemarkurlauber sollten unbedingt ihren Personalausweis einstecken, rät der ADAC - sonst könnte die Reise künftig am Grenzübergang enden.