Schwarz-Gelb will das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger kippen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund droht mit Protestaktionen.
Berlin. Am kommenden Wochenende will die Bundesregierung ihr Sparprogramm für die nächsten drei Jahre festlegen. Die Kabinettsklausur wird allerdings nicht im brandenburgischen Meseberg stattfinden, sondern im Berliner Kanzleramt. "Um die Sache tiefer zu hängen", wie es gestern hinter vorgehaltener Hand hieß.
Der Druck ist ja auch schon so groß genug. Wegen der inzwischen verfassungsrechtlich festgeschriebenen Schuldenbremse muss Schwarz-Gelb jährlich zehn Milliarden Euro einsparen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat auch schon eine klare Vorstellung davon, wo der Rotstift zuerst angesetzt werden sollte: bei der Arbeitslosenhilfe und im Hartz-IV-Bereich. "Hier muss etwas geleistet werden. Die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen hat bereits darauf hingewiesen, dass wir im Sozialsystem Leistungen haben, die nicht dazu dienen, Arbeitslose wieder in reguläre Arbeit zu bringen", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". FDP-Generalsekretär Christian Lindner hatte bereits am Freitag eine Mietkostenpauschale für Langzeitarbeitslose angeregt.
Nach Abendblatt-Informationen wollen CDU/CSU und FDP unter anderem das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger abschaffen. Das sind 300 Euro, die maximal 14 Monate lang zusätzlich zu den übrigen Sozialleistungen gezahlt, beziehungsweise nicht darauf angerechnet werden. Damit gehört das Hartz-IV-Elterngeld zu den von Schäuble angesprochenen Leistungen, die nicht dazu dienen, Arbeitslose wieder in reguläre Arbeit zu bringen. Zumal noch sogenannte Geschwister-Boni hinzukommen können. Wie hoch die daraus resultierende Einsparsumme pro Jahr wäre, konnte das Familienministerium gestern nicht beantworten.
Insgesamt muss sich die Regierung auf heftigen Widerstand von Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbänden einstellen. DGB-Chef Michael Sommer zeigte sich kampfbereit. "Niemand sollte die Entschlossenheit der Gewerkschaften in diesem Punkt unterschätzen. Wir sind bereit, diese Konflikte, wenn sie kommen, in die Betriebe zu tragen", sagte Sommer der Zeitschrift "Super Illu". Und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier meinte gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Nicht die kleinen Leute, nicht die Verkäuferin, nicht der Altenpfleger sind verantwortlich für die Krise."
Unterdessen erteilte die FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende Birgit Homburger den von Schäuble in die Diskussion gebrachten Steuererhöhungen eine klare Absage. Der Bundesfinanzminister hatte mit Blick auf mögliche Abgabenerhöhungen gemeint, das seien "doch keine Quälinstrumente", von der Sanierung der Staatsfinanzen würden am Ende alle profitieren. Dazu sagte Homburger dem Hamburger Abendblatt: "Wer jetzt von Steuererhöhungen redet, ist offensichtlich nicht bereit, die notwendigen Sparanstrengungen zu unternehmen. Wir haben in Deutschland kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Der Staat nimmt trotz Wirtschafts- und Finanzkrise mehr ein als früher." Vor diesem Hintergrund sei es "völlig unangemessen, über die Einnahmenseite zu diskutieren".
Die FDP-Politikerin appellierte an die Regierung, beim Sparkonzept kein einziges Ministerium außen vor zu lassen: "Wir müssen die Ausgaben reduzieren. Dabei muss jedes einzelne Ministerium seinen Beitrag zum Sparkonzept leisten." Homburger forderte "ein Gesamtkonzept für den Haushalt", warnte aber zugleich vor einem "schlichten Streichkonzert" bei der Sparklausur.