Kanzlerin Merkel hat angesichts der Euro-Krise vor einem Zerfall der EU gewarnt. Die Opposition reagierte mit Häme auf ihre Regierungserklärung.
Die Opposition im Bundestag hat der Regierung Führungsschwäche und Planlosigkeit in der Euro-Finanzkrise bescheinigt. Kanzlerin Angela Merkel wirke ratlos, kraftlos und wie eine Getriebene der Märkte, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch im Bundestag während der ersten Debatte über das Euro-Rettungspaket.
Zudem sei das gigantische Stabilitätsprogramm in der EU offenbar „an Deutschland vorbei“ vorbereitet worden. Dies sei erschreckend. Steinmeier fragte: „Was ist aus der deutschen Führungsrolle in Europa geworden?“ Es bleibe der Eindruck, dass Merkel „zum Jagen getragen“ werden musste.
Das Euro-Rettungspaket hat ein Gesamtvolumen von bis zu 750 Milliarden Euro. Deutschland könnte in den nächsten drei Jahren bis zu 148 Milliarden Euro Garantien beisteuern. Bundestag und Bundesrat entscheiden am Freitag über den deutschen Beitrag. Neben den Koalitionspartnern Union und FDP wollen bisher nur die Grünen zustimmen. Die Linke ist dagegen.
Ob die SPD in der Schlussabstimmung am Freitag dem Rettungspaket zustimmen wird, ließ Steinmeier offen. Seine Partei erkenne zwar an, dass es seitens der Regierungskoalition Bewegung hin zu einer wirksamen Besteuerung der Finanzmärkte gebe. „Bloße Ankündigungen“ der Kanzlerin reichten jedoch nicht aus, sondern dies müsse in einem Text festgelegt werden. „Das ist keine Holschuld der Opposition, sondern eine Bringschuld der Regierung.“ Er kritisierte, Merkel habe bislang noch nicht einmal versucht, die Opposition zur Zusammenarbeit einzuladen. „Wollen Sie unsere Zustimmung möglicherweise erwerben, oder nicht?“, fragte er.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin bescheinigte der schwarz-gelben Regierung ebenfalls einen „beispiellosen Schlingerkurs“. Noch vor einer Woche habe sie eine Finanztransaktionssteuer abgelehnt, nun sei sie dafür. Er warf Merkel vor, Deutschland in eine Sonderrolle und eine „Ecke der Bockigkeit“ gedrängt zu haben. Trittin kritisierte, das Rettungspaket solle mit übergroßer Eile durchs Parlament gebracht werden. Die Verträge über die Zweckgesellschaft, über die die deutschen Kredite fließen sollen, lägen noch nicht vor. Dies sei eine „Brüskierung“ des Bundestages.
In einer Regierungserklärung hatte Merkel zuvor die schwarz-gelben Pläne im Zuge der Eurokrise vehement verteidigt und vor einem Zerfall der Europäischen Union gewarnt. „Die Währungsunion ist eine Schicksalsgemeinschaft. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Bewahrung der europäischen Idee“, sagte sie. Scheitere der Euro, dann scheitere Europa. Es stehe vor der größten Bewährungsprobe seit mehr als 50 Jahren.
Werde die Euro-Krise aber bestanden, würden beide stärker als zuvor sein. Europa brauche eine neue Stabilitätskultur. Zudem müsse über Europa hinaus auf Ebene der wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) Vorsorge getroffen werden, um Krisen zu verhindern.
Merkel betonte auch die Notwendigkeit einer Besteuerung der Finanzmärkte – über eine Transaktionssteuer auf Börsengeschäfte oder eine Steuer auf Finanzaktivitäten, also Gewinne und Gehaltszahlungen von Banken. Es gehe bei der Transaktionssteuer nicht mehr nur um technische Details, sondern auch um eine Frage der Gerechtigkeit bei der Beteiligung an den Krisenlasten. „Dies fragen sich die Menschen zurecht“, sagte Merkel. Vor allem die FDP hatte sich in den vergangenen Tagen gegen eine solche Transaktionssteuer gestemmt.