FDP-Generalsekretär Lindner hält andere Koalitionen als mit der Union schon 2011 für möglich.

Berlin/Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen geht die FDP in die Opposition, weil sie sich mit SPD und Grünen nicht einmal Gespräche vorstellen kann. "Die Ampel und Jamaika sind keine Koalitionsoptionen mehr", sagte der FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart am Freitag in Düsseldorf. Koalitionen von SPD und FDP sollen allerdings wieder möglich werden, stellte FDP-Generalsekretär Christian Lindner im Abendblatt-Interview klar - möglicherweise schon im nächsten Jahr.

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"Es gibt in allen demokratischen Parteien interessante Persönlichkeiten und Positionen, nicht nur in Union und FDP", sagte Lindner. "Die FDP ist prinzipiell koalitionsfähig mit anderen Parteien als der Union, aber nicht an jedem Ort, zu jeder Zeit oder um jeden Preis."

Ob es nach einer der sechs Landtagswahlen 2011 zu einer Zusammenarbeit der FDP mit der SPD komme, sei Sache der Landesverbände. "Aber ich sehe schon, dass es etwa in Rheinland-Pfalz eine sozialliberale Tradition gibt", betonte Lindner. "Koalitionen mit SPD und Grünen sind daher für mich unter Umständen vorstellbar." Das letzte Bündnis von SPD und FDP auf Landesebene endete 2006 in Rheinland-Pfalz, als die Sozialdemokraten mit Regierungschef Kurt Beck die absolute Mehrheit erzielten. Nach der NRW-Wahl regiert die FDP noch in sieben Bundesländern - Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und dem Saarland - unter einem Ministerpräsidenten der Union.

Zugleich forderte Lindner eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte. "Der Markt ist nicht von vornherein gut oder böse. Er kann nur so gut sein wie seine Regulierung", sagte der Generalsekretär. Konkret trat er dafür ein, gefährliche Finanzprodukte zu verbieten. Als Beispiele nannte er den Handel mit bestimmten Kreditausfallversicherungen und Formen der Leerverkäufe. "Solche Instrumente haben eher den Charakter einer Wette und bedrohen damit die Stabilität der Finanzmärkte."

Der FDP-Generalsekretär machte deutlich, dass er Steuersenkungen in dieser Wahlperiode noch für möglich hält: "Die Periode geht bis 2013. Vereinfachung und Entlastung im Steuerrecht können wir uns bis dahin erarbeiten, wenn es gut läuft." Sparanstrengungen müssten mit Augenmaß erfolgen. Den Vorschlag von Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), bei der Bildung zu sparen, nannte er kontraproduktiv. Lindner schlug Einsparungen im Verteidigungshaushalt vor. Rüstungsprojekte wie das Raketensystem MEADS seien verzichtbar.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte den Sparvorschlägen ihres Parteikollegen Koch bei Kinderbetreuung und Bildung eine Abfuhr. "Themen wie Forschung, Bildung, Betreuung von Kindern in Kindergärten sind für mich Zukunftsthemen. Da müssen wir klare Akzente setzen, damit wir unsere Zukunft nicht verschlafen", sagte Merkel am Freitag auf dem Ökumenischen Kirchentag in München. Am Ausbau der Krippen werde es keine Abstriche geben. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte Merkel, es werde "natürlich harte Fragen geben", wo man spare. Für sie sei jedoch klar, "dass Konsolidierung und politischer Gestaltungsanspruch sich nicht ausschließen".