Goldene Morgenröte hat sich aus dem Gefängnis heraus eine Wählerschaft aufgebaut
Athen. Der Neofaschismus in Griechenland scheint spätestens seit der Wahl vom Sonntag kein politisches Gespenst mehr zu sein. Das Abschneiden der Partei Goldene Morgenröte als drittstärkste Kraft zeigt vielmehr, dass die Neonazis Fuß im griechischen Parlament gefasst haben. Knapp 6,3 Prozent der Stimmen gewannen die Rechtsextremen und ließen mit ihren 17 Mandaten die langjährige Regierungspartei Pasok hinter sich.
Noch deutlicher erscheint ihr Erfolg, wenn man sich vor Augen führt, dass die gesamte Parteiführung und große Teile der bisherigen Fraktion den Wahlkampf aus dem Gefängnis heraus bestreiten mussten. Die Staatsanwaltschaft will sie wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor Gericht stellen. Die Vorwürfe reichen von Erpressung, brutalen Attacken auf Einwanderer und politische Gegner bis hin zu Mord und Brandstiftung.
Zwar hat die Goldene Morgenröte etwas schlechter abgeschnitten als bei der Wahl 2012 und ist deutlich hinter ihrem Ergebnis bei den Europawahlen vom vergangenen Mai zurückgeblieben. Aber sie ist jetzt mehr als eine reine Protestpartei, der wütende Wähler die Stimme geben, wenn sie korrupten Politikern einen Denkzettel verpassen wollen, wie Beobachter meinen. Die Goldene Morgenröte hat sich offenbar vielmehr eine verlässliche Wählerschaft aufgebaut. Und diese Wähler scheint es nicht zu stören, dass ein mutmaßliches Mitglied der Goldenen Morgenröte im September 2013 den linken Rapper Pavlos Fyssas erstach.
Die Führung der Rechtsextremen feierte sich derweil als Wahlsieger. „Wir haben ein frisches Mandat“, triumphierte Parteichef Nikos Mihaloliakos am Sonntag in einer Botschaft aus dem Gefängnis. Alle hätten versucht, seine Partei aus dem Parlament zu werfen. „Alle (Medien) haben uns gemieden. Wir sahen uns einer Schlammschlacht und Verleumdungen von allen Seiten gegenüber. Wir mussten unseren Wahlkampf per Münzfernsprecher führen“, klagt Mihaloliakos. „Sie haben verloren. Goldene Morgenröte hat gewonnen.“ Immerhin eine Blamage bleibt Griechenlands Demokraten erspart. Da Wahlsieger Alexis Tsipras bereits einen Partner für seine Wahl zum Ministerpräsidenten gefunden hat, dürfte es keine Probleme bei der Regierungsbildung geben. Falls Tsipras gescheitert wäre, hätte der Präsident der Reihe nach die Führer der zweit- und drittstärksten Fraktion mit dem Aufstellen eines Kabinetts beauftragen müssen. Die Vorstellung, dass Mihaloliakos in Handschellen beim Staatsoberhaupt vorfährt, um sich mit der Kabinettsbildung beauftragen zu lassen, war vielen demokratischen Politikern ein Graus.