Präsidenten Poroschenko spricht von einer russischen Invasion. Die Nato geht davon aus, dass mehr als tausend russische Soldaten in der Ukraine treffen. Poroschenko warnt vor Panik - doch die Kämpfer Russlands und aus der Ukraine könnten bereits zusammen getroffen sein.
Kiew/Mons. In der Ukraine sind nach Angaben der Nato „deutlich mehr“ als tausend russische Soldaten aktiv. „Die russischen Soldaten unterstützen die Separatisten, kämpfen mit ihnen, kämpfen unter ihnen“, sagte ein ranghoher Nato-Militärvertreter am Donnerstag im belgischen Mons. Dabei sei die Zahl von „deutlich mehr als tausend noch ziemlich konservativ geschätzt“.
Zudem habe die Lieferung von Waffen und Ausrüstung aus Russland in Menge und Qualität zugenommen, fügte der Nato-Vertreter hinzu. „Russland versucht, eine Niederlage der Separatisten zu verhindern.“
Insgesamt wurden in dem Konflikt zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Rebellen inzwischen mehr als 2200 Menschen getötet. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt am Dienstag Vorwürfe Kiews und des Westens zurückgewiesen, die Aufständischen mit Waffen und Soldaten gezielt zu unterstützen.
Poroschenko wirft Russland Einmarsch vor
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Russland unterdessen einen Militäreinmarsch in sein Land vorgeworfen. „Ich habe einen Besuch in der Türkei abgesagt, (...) da eine Intervention russischer Streitkräfte in der Ukraine stattfand“, erklärte Poroschenko am Donnerstag in Kiew. „Der Platz des Präsidenten ist heute in Kiew.“ Die Lage im Raum Donezk, darunter Amwrosijewka und Starobeschewo, habe sich „extrem verschärft“, betonte er.
Der prowestliche Staatschef forderte mit Nachdruck Sondersitzungen des Weltsicherheitsrats und des EU-Rates. „Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage in der Ukraine äußern“, forderte er. Poroschenko berief den Sicherheitsrat des Landes zu Beratungen ein.
Das ukrainische Militär hatte zuvor mitgeteilt, die Kontrolle über eine Grenzregion im Südosten weitgehend verloren zu haben, und Einheiten aus dem Nachbarland dafür verantwortlich gemacht. „Gestern gingen die Stadt Nowoasowsk sowie eine Reihe von Ortschaften der Kreise Nowoasowsk, Starobeschewo und Amwrosijewka unter die Kontrolle russischer Militärs“, erklärte der nationale Sicherheitsrat in Kiew.
Moskau äußerte sich zunächst nicht zu den schweren Vorwürfen. Russland hatte wiederholt zurückgewiesen, in der Ukraine militärisch aktiv zu sein. In der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik kämpfen Regierungseinheiten gegen prorussische Separatisten.
Baldiges Treffen mit Ukraine-Kontaktgruppe
In der Großstadt Donezk sind bei den schwersten Gefechten seit Tagen mindestens 16 Zivilisten getötet worden. Mehr als 20 Menschen wurden bei den Kämpfen zwischen Armee und prorussischen Aufständischen verletzt, wie die Stadtverwaltung am Donnerstag mitteilte. Durch heftigen Artilleriebeschuss seien zahlreiche Wohnhäuser zerstört und die Wasserversorgung beschädigt worden.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erörterte in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Lage. Der prowestliche Staatschef habe dabei ein baldiges Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe unter dem Patronat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angekündigt, teilte Poroschenkos Pressestelle in Kiew mit. Die Verhandlungen finden vermutlich in der weißrussischen Hauptstadt Minsk statt.
Poroschenko warnt vor Panik
Nach dem Eindringen russischer Soldaten in die Ukraine hat deren Präsident Petro Poroschenko seine Landsleute zur Ruhe gemahnt. „Destabilisierung der Lage und Panik, das sind genauso wichtige Waffen des Feinds wie Panzer“, sagte Poroschenko nach einem Bericht der Agentur Interfax auf einer Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrats am Donnerstag.
Zuvor hatte er Russland eine Invasion im Osten der Ukraine vorgeworfen. Auch die Nato geht davon aus, dass mindestens 1000 russische Soldaten auf ukrainischen Territorium sind und dort auch schon auf ukrainische Truppen gestoßen sind.