Spanien bereitet die Ablösung von König Juan Carlos durch Kronprinz Felipe vor. Für die Abdankung des Monarchen fehlt noch eine rechtliche Regelung. Die Regierung will dies im Schnellverfahren ändern.
Madrid. Einen Tag nach der angekündigten Abdankung des spanischen Königs Juan Carlos hat die Madrider Regierung das Verfahren zu einer Ablösung des Monarchen eingeleitet. Ministerpräsident Mariano Rajoy rief für Dienstag sein Kabinett zu einer Sondersitzung zusammen, um den notwendigen Gesetzesentwurf zu einer Thronbesteigung von Kronprinz Felipe zu verabschieden.
Am Vorabend hatten Tausende Spanier den überraschenden Thronverzicht von Juan Carlos genutzt, um für eine Abschaffung der Monarchie zu demonstrieren. Allein in Madrid gingen rund 20.000 Monarchie-Gegner unter dem Motto „Monarchie, nein Danke“ auf die Straße. In Barcelona bezifferte die Polizei die Zahl der Demonstranten auf etwa 5000. Die Teilnehmer trugen Plakate mit Aufschriften wie „Borbones, a las elecciones“ (Borbonen, zu den Wahlen) oder „España mañana será republicana“ (Spanien wird morgen eine Republik sein). Monarchie-Gegner hatten über soziale Netzwerke im Internet zu Demonstrationen in rund 50 Städten aufgerufen.
Die Vereinte Linke sowie mehrere Parteien in Katalonien und im Baskenland verlangten ein Referendum über die Monarchie. Im Vergleich mit früheren Protesten gegen die Sparpolitik der Regierung war die Beteilung an den Kundgebungen eher gering. Proteste gab es auch im Ausland, etwa in Berlin und Mexiko-Stadt. Rajoy betonte am Dienstag, die große Mehrheit der Spanier sei für die Monarchie.
Felipe könnte in rund zwei Wochen Thron besteigen
Der sozialistische Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba meinte, die Kundgebungen gehörten in einer Demokratie zur Normalität. Seine Partei werde trotz ihrer republikanischen Tradition den – in der Verfassung enthaltenen – Pakt zum Festhalten an der Monarchie nicht brechen. Kronprinz Felipe könnte Medienberichten zufolge bereits in rund zwei Wochen den Thron besteigen.
Für die Proklamierung im Parlament zeichne sich die Woche vom 16. bis 20. Juni ab, schrieb am Dienstag die Zeitung „El País“. Das Königshaus ging dagegen davon aus, dass der Thronwechsel in etwa drei bis sechs Wochen erfolgen könne. Der 46-Jährige wird die Regentschaft als Felipe VI. übernehmen.
Die Regierung wollte den Gesetzesentwurf zur Regelung der Ablösung des Königs noch am Dienstagabend dem Parlament vorlegen. Dort sollte das bislang fehlende Gesetz über eine Abdankung des Königs im Eilverfahren verabschiedet werden. Die dazu notwendige absolute Mehrheit gilt als gesichert, da allein die regierende Volkspartei (PP) über genügend Mandate verfügt.
Auch die Sozialisten und kleinere Parteien dürften dafür stimmen. Die spanische Presse würdigte am Dienstag die Entscheidung des Monarchen. „Der König dankt ab, um einen Anstoß zu den geforderten Reformen zu geben“, titelte die linksliberale Zeitung „El País“. Das rechtsliberale Konkurrenzblatt meinte: „Der Übergang zu Felipe VI. erfolgt inmitten einer institutionellen Krise.“
Juan Carlos hatte am Montag nach fast 40 Jahren überraschend seinen Verzicht auf den Thron erklärt. „Eine neue Generation verlangt aus gerechtem Grund die Hauptrolle“, sagte er. Der König ist seit 1975 Staatsoberhaupt und leitete nach der Franco-Diktatur (1939-1975) den Übergang zur Demokratie ein. Er hat seit langem gesundheitliche Probleme und musste mehrere Hüftoperationen über sich ergehen lassen.
Ansehen von Juan Carlos hatte zuletzt gelitten
Das Ansehen von Juan Carlos hatte zuletzt gelitten. Ein Jagdausflug ins afrikanische Botsuana empörte 2012 die Spanier, die in einer großen Wirtschaftskrise steckten. Zudem erschütterte eine Korruptionsaffäre den Palast: Königstochter Cristina steht im Verdacht, in einen Finanzskandal um ihren Ehemann Iñaki Urdangarín verwickelt zu sein. Die Entscheidung zur Abdankung traf der König nach Medienberichten bereits im Januar.
Die Ankündigung kam für die Spanier dennoch überraschend. Der Monarch hatte eine Abdankung bislang strikt ausgeschlossen. Er wählte den Zeitpunkt so, dass sein Thronverzicht nicht als ein Anzeichen von Schwäche ausgelegt werden konnte: Sein Gesundheitszustand hatte sich zuletzt verbessert; die Forderungen in der Öffentlichkeit nach einer Abdankung waren verstummt.
Ministerpräsident Mariano Rajoy sprach von persönlichen Gründen, die der König für den Schritt angeführt habe. Aus dem Königshaus verlautete dagegen, Juan Carlos danke aus politischen Gründen ab.
Sein Sohn, der mit Prinzessin Letizia (41) zwei Töchter hat, wird nun König Felipe VI. Er ist nach den Worten Rajoys bestens vorbereitet für den Thron. Felipe hat in Madrid Jura studiert und in den USA einen Master in Internationalen Beziehungen gemacht. Er ist auch Offizier des Heeres, der Luftwaffe und der Marine. Juan Carlos sagte, Felipe habe die „Reife, die Vorbereitung und das nötige Verantwortungsbewusstsein, um das Amt des Staatsoberhauptes zu übernehmen und eine neue Etappe der Hoffnung einzuleiten“.
Gut gelaunte Ansprache von Juan Carlos
Juan Carlos zeigte sich kurze Zeit nach seiner Ansprache gut gelaunt und wie erleichtert. Beim Anblick von Journalisten scherzte er: „Ihr habt Euch noch nie so sehr für mich interessiert wie heute.“
Die großen Parteien der Konservativen und der Sozialisten würdigten die Verdienste des Monarchen. „Er ist das beste Symbol unseres Zusammenlebens in Frieden und Freiheit“, sagte Rajoy. Der König sei nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) der wichtigste demokratische Antreiber gewesen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hob hervor, der König habe eine sehr wichtige Rolle für den Übergang Spaniens in eine Demokratie gespielt. Ähnlich äußerten sich der französische Präsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron.