Ein Gericht verhängte 21 Todesstrafen nach den Fußballkrawallen vor gut einem Jahr. 22 Menschen kamen bei Protesten am Sonnabend ums Leben.
Port Said/Kairo. In Ägypten haben die Todesurteile eines Gerichts nach einer Gewalteskalation in einem Fußballstadion neue Krawalle ausgelöst. In Port Said starben amtlichen Medien zufolge am Sonnabend mindestens 22 Menschen, als Bewohner der Stadt aus Wut über die Entscheidung auf die Straße gingen. Nach Informationen der Zeitung „Al-Ahram“ sollen unter den Toten auch zwei Fußballspieler sein. Einer von ihnen habe früher für den örtlichen Verein Al-Masri gespielt. Das Militär rückte ein. Auch die gewaltsamen Proteste in Kairo gegen Präsident Mohammed Mursi gingen den dritten Tag in Folge weiter, wenn auch zunächst abgeschwächt. Die Opposition kündigte für kommenden Freitag neue Proteste an und forderte eine Übergangsregierung der nationalen Einheit sowie eine vorgezogene Präsidentenwahl.
Nach einem Fußballspiel am 1. Februar 2012 beim Verein Al-Masri in Port Said war es zu Kämpfen und einer Massenpanik gekommen. 74 Menschen kamen ums Leben. Bei anschließenden Straßenkämpfen wurden weitere 16 Menschen getötet. Am Sonnabend verhängte ein Gericht zunächst 21 Todesstrafen. Insgesamt sind 73 Menschen angeklagt, weitere Urteile in dem Fall sollen am 9. März folgen.
Die Entscheidung des Gerichts war mit Spannung erwartet worden. Viele Fußballfans und Angehörige der Opfer hatten mit Gewalt gedroht, falls es keine „gerechten Urteile“ geben würde. Im Gerichtssaal begrüßten die Familien der Getöteten am Sonnabend die Verhängung der Todesstrafen mit Jubelrufen. Einige weinten vor Freude. Vor dem Vereinshaus der anderen Mannschaft Al-Ahli in Kairo brach unter den Fans ebenfalls Jubel über die Todesurteile aus.
Einem Augenzeugen zufolge wurde eine Polizeiwache in Port Said gestürmt. Berichten zufolge fielen Schüsse in der Nähe des Gefängnisses, in dem die meisten Angeklagten festgehalten wurden.
Die Krawalle in Port Said stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der seit zwei Tagen anhaltenden Gewalt in mehreren Städten Ägyptens. Diese war zum zweiten Jahrestag der Revolution am Freitag ausgebrochen, als Gegner von Präsident Mursi gegen seine Politik und den Einfluss der Muslimbruderschaft demonstrierten. Zwar ging die Gewalt in Kairo am Samstag zunächst zurück. In der Hauptstadt warfen jedoch Jugendliche erneut Steine auf Polizisten. Mursi traf sich mit seinem Nationalen Sicherheitsrat. Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich besorgt über die Gewalt zum Jahrestag.
Im April soll in Ägypten ein neues Parlament gewählt werden. Die oppositionelle Nationale Heilsfront drohte mit einem Boykott der Abstimmung. Sie forderte zudem unter anderem eine vorgezogene Präsidentenwahl und eine Übergangsregierung der nationalen Einheit. Diese sei notwendig, „um die Ordnung wieder herzustellen und die Wirtschaft zu heilen“, schrieb der prominente Oppositionspolitiker Mohammed ElBaradei auf Twitter. Mursi wurde im Juni gewählt.