Ein Parteikollege hatte Schwangerschaft nach Vergewaltigung „von Gott gewollt” genannt. Obama kostet die Panne nun für seine Zwecke aus.
Washington. Eigentlich hatte Mitt Romney gehofft, sich in den wenigen verbliebenen Tagen des US-Wahlkampfs wieder ganz auf die Wirtschaft zu konzentrieren. Mit der weiterhin hohen Arbeitslosenquote wollte er Präsident Barack Obama versuchen in Bedrängnis zu bringen. Doch jetzt hat ein republikanischer Parteikollege ihn mit einer Aussage zu Vergewaltigungen in die Defensive gedrängt.
Wenn eine Frau nach einer Vergewaltigung schwanger werde, „ist das etwas, das Gott wollte“, erklärte Richard Mourdock, Kandidat für einen Sitz im US-Senat, allen Ernstes während einer live übertragenen Fernsehdebatte. Zwar distanzierte sich Romney schnell von diesem Kommentar – aber die Diskussion, die ihm entscheidende Stimmen nicht nur bei der weiblichen Wählerschaft kosten könnte, war schon entfacht.
„Eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung. Sie ist eine Straftat“, stellte Obama kurz und knapp fest, als er Mittwochabend vor Millionenpublikum in der „The Tonight Show“ von Moderator Jay Leno zu Gast war. Da wusste Obama bereits, dass Romney zuletzt in der Wählergunst unter Frauen gleichgezogen hatte. Einer aktuellen AP-GfK-Umfrage zufolge wollten bis Dienstag jeweils 47 Prozent der weiblichen Wähler für Romney oder Obama stimmen. Vor einem Monat hatte Obama unter Frauen noch 16 Prozentpunkte Vorsprung vor dem Herausforderer. Die Aussagen Mourdocks dürften Romney wenig helfen.
Der 61-Jährige war in der Debatte am Dienstag gefragt worden, ob Abtreibungen im Fall von Vergewaltigungen und Inzest zugelassen werden sollten. Das Leben sei ein Geschenk Gottes, antwortete Mourdock. „Und ich glaube, selbst wenn das Leben in einer so furchtbaren Situation wie einer Vergewaltigung beginnt, ist das etwas, das Gott wollte“, sagte er. Später erklärte Mourdock, er glaube nicht, dass Gott Vergewaltigungen beabsichtige, aber dass Gott der einzige sei, der Leben erschaffen könne.
Zwar ist auch Romney an sich Abtreibungsgegner, doch er akzeptiert Ausnahmeregelungen bei Schwangerschaften durch Vergewaltigung oder Inzest. Der Präsidentschaftskandidat versucht sich nun an dem Spagat, sich von der Position Mourdocks distanzieren und sich gleichzeitig für dessen Senatskandidatur in Indiana einsetzen zu wollen. „Wir sind bei der Politik zu Ausnahmen bei Vergewaltigung und Inzest nicht einer Meinung, unterstützen ihn aber weiter“, sagte Romneys Sprecherin Andrea Saul.
Obamas Wahlkampfteam griff das Thema begierig auf: Die Situation sei eine Erinnerung daran, dass ein republikanischer Kongress und Präsident Frauen nicht ihre eigenen Entscheidungen zu ihrer Gesundheit treffen lassen würde, hieß es aus Obamas Wahlkampfbüro. Mourdocks Haltung sei „erniedrigend für Frauen“. Und via Twitter forderte das Präsidentenlager Romney auf, Mourdock fallen zu lassen.
Es ist bereits das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass Romney durch das Thema Vergewaltigungen in Bedrängnis kommt. Der Präsidentschaftskandidat hatte seinen Parteifreund Todd Akin im August zum Ausscheiden aus dem Rennen um einen Senatssitz in Missouri aufgefordert. Dieser behauptete zuvor, der weibliche Körper könne im Falle „legitimer Vergewaltigungen“ eine Schwangerschaft vermeiden. Akin entschuldigte sich später für seine Bemerkung, der Senatssitz dürfte jetzt aber an einen Demokraten fallen.
Missouri und Indiana sind zwei Fälle, die den Blick auch auf die Senatswahl lenken, die parallel zum Rennen um das Weiße Haus stattfindet. Romneys Republikaner müssen mindestens drei Sitze dazugewinnen, um die Mehrheit im Senat zu erringen. Knapp zwei Wochen vor dem Urnengang am 6. November hat das neue Aufregerthema wieder Dynamik in die Wahlkämpfe gebracht.