Weltweite Proteste gegen islamfeindliches Video flammen wieder auf. Demonstranten fordern rechtliche Schritte gegen Filmemacher.
Jakarta/Berlin. Aus Angst vor einem Übergreifen der muslimischen Proteste auf Deutschland will die Bundesregierung eine öffentliche Vorführung des islamfeindlichen Mohammed-Films verhindern. Dazu prüfen die Sicherheitsbehörden nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Aufführungsverbot. „Ich kann mir vorstellen, dass es gute Gründe für ein Verbot gibt“, sagte Merkel am Montag. Ähnlich äußerten sich Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Zuvor hatte die rechtspopulistische Partei „Pro Deutschland“ angekündigt, den Anti-Islam-Film im November in Berlin zeigen zu wollen.
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Steinmeier bezeichnete den in den USA produzierten islamfeindlichen Film als „geschmackloses Machwerk“. Er ermunterte die Deutschen, über Religionsgrenzen hinweg mehr Zivilcourage zu zeigen. Der „Gewalt-Allianz der Extremisten“ müsse eine „Vernunft-Allianz der Toleranz“ von Christen, Muslimen, Juden und Atheisten entgegengesetzt werden, sagte er.
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Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte der „tageszeitung“, er sehe für ein Verbot keine Grundlage. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte sich skeptisch über Verbotspläne. „Unsere Verfassung erlaubt Kritik und Meinungsäußerungen bis zur gesetzlichen Schmerzgrenze, daran müssen sich hierzulande auch tief religiöse Menschen gewöhnen“, sagte der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut.
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Unterdessen gingen die Proteste gegen den Film in der islamischen Welt am Montag weiter. Bei einem überraschenden Auftritt vor Zehntausenden Anhängern im Libanon rief der Chef der radikalislamischen Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, zu weiteren Demonstrationen auf. „Dies ist der Beginn einer ernsthaften Bewegung, die zur Verteidigung des Propheten Gottes überall in der muslimischen Welt weitergehen muss“, sagte Nasrallah am Montag unter dem Jubel der Menschenmenge im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut. „Solange es Blut in uns gibt, werden wir nicht über Beleidigungen gegen unseren Propheten schweigen.“
In Upper Dir im Nordwesten Pakistans setzten Demonstranten einen Presseclub in Brand. Offenbar seien sie über die aus ihrer Sicht unzureichende Berichterstattung über die Proteste erbost gewesen, sagte der Polizeibeamte Mukhtar Ahmad. Bewaffnete hätten zudem ein Regierungsgebäude angezündet und eine Polizeiwache umstellt. Bei einem Schusswechsel vor der Wache seien ein Demonstrant getötet und mehrere weitere verletzt worden, sagte der Polizist Akhtar Hayat.
In der afghanischen Hauptstadt Kabul protestierten Hunderte Menschen vor dem US-Militärstützpunkt Camp Phoenix gegen den in den USA produzierten Film. Sie setzten Container und Reifen in Brand und schleuderten Steine auf die Polizei. Mehr als 20 Beamte seien dabei leicht verletzt worden, sagte General Fahim Kaim.
Empörung über Beleidigung des Propheten Mohammed
„Tod für Amerika“ und „Tod für jene, die den Film gemacht und unseren Propheten beleidigt haben“, skandierte die Menge. Die Polizei habe in die Luft gefeuert, um eine Gruppe von rund 800 Demonstranten davon abzuhalten, vor Regierungsgebäude in der Innenstadt zu ziehen, sagte ein Beamter.
Im Südosten Kabuls versammelten sich rund 50 Demonstranten vor einer Moschee, der Protest blieb nach Polizeiangaben allerdings friedlich. „Menschen auf der ganzen Welt sind wütend“, sagte der Demonstrant Mohammad Humajun. „Es liegt in der Verantwortung aller Muslime, zu reagieren, wenn sie Respektlosigkeiten hören.“ In dem Film wird der Prophet Mohammed als Betrüger, Geisteskranker und Schürzenjäger dargestellt.
Mehrere muslimische Geistliche riefen hingegen zur Ruhe auf. „Es liegt in unserer Verantwortung, friedlich zu reagieren und friedlich zu protestieren“, sagte Karimullah Sakib. „Verletzt keine Menschen, zerstört kein Eigentum“, forderte er von den Demonstranten.
Demonstranten fordern rechtliche Schritte gegen Filmemacher
Auch in mehreren indonesischen Städten gingen am Montag wieder Menschen gegen das antimuslimische Video auf die Straße. In der Hauptstadt Jakarta schleuderten Demonstranten Steine und Brandsätze auf die US-Botschaft und entzündeten Reifen vor dem Gebäude. Mindestens elf Polizisten seien bei den Zusammenstößen verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden, sagte Jakartas Polizeichef Generalmajor Untung Rajad. Vier Demonstranten seien festgenommen und ein weiterer in eine Klinik gebracht worden.
Die Demonstranten forderten ein juristisches Vorgehen gegen die Filmemacher. „Wir werden die Proteste fortsetzen, bis die US-Regierung angemessene rechtliche Schritte gegen sie einleitet“, sagte der Sprecher der Front der Verteidiger des Islams, Munarman. Der mutmaßliche Macher des Films und seine Familie wurden inzwischen von der Polizei in Kalifornien an einen geheimen Ort gebracht.
Mit Material von dapd