Am dritten Tag der Bodenoffensive in Südwaziristan rückten die pakistanischen Streitkräfte gestern auf die Bastionen der Taliban vor.
Peschawar/Islamabad. Nachdem bereits am Wochenende 60 Taliban-Kämpfer und fünf Soldaten getötet worden waren, kamen bis gestern Abend 18 weitere Taliban und zwei pakistanische Soldaten ums Leben.
Verifiziert werden können die Zahlen nicht, da ausländische Reporter aus der Region nicht berichten dürfen.
Gestern tobten die Kämpfe im Bereich dreier Garnisonsstädte. Zugleich bombardierte die Luftwaffe mutmaßliche Stützpunkte der Taliban. Nach Angaben aus Armeekreisen bereiteten die Truppen die Stürmung von Kotkai vor, der Heimatstadt des Taliban-Führers Hakimullah Mehsud. Die Truppen hätten in den Außenbezirken von Kotkai Stellung bezogen, sagte ein hochrangiger Armeeangehöriger. Die Stadt könnte demnach innerhalb weniger Stunden eingenommen werden. Mehsud ist Chef der extremistischen Tahreek-e-Taliban Pakistan (TTP), die Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida von Osama Bin Laden unterhalten.
Die pakistanischen Streitkräfte versuchen die Aufständischen an drei Fronten in die Zange zu nehmen. Augenzeugen zufolge leisteten die islamischen Extremisten jedoch heftigeren Widerstand als erwartet. Taliban-Sprecher Azam Tariq sagte, das Land werde "bis zum letzten Blutstropfen verteidigt".
Die am Sonnabend eingeleitete Offensive gilt als die umfangreichste seit 2004, als sich die Taliban im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan neu formierten. Seitdem waren pakistanische Truppen dreimal zurückgeschlagen worden.
Derweil bahnt sich in den Flüchtlingsgebieten im Nordwesten Pakistans eine Katastrophe an. Infolge der Kämpfe wurden seit August bereits etwa 150 000 Menschen in die Flucht getrieben. Weitere 200 000 dürften sich nach Behördenangaben in den nächsten Tagen auf den Weg machen. Die meisten suchen in den Nachbardistrikten Zuflucht. Damit sich keine bewaffneten Extremisten unter die Zivilisten mischen, hat die Armee Checkpoints eingerichtet.
Die Regierung in Islamabad hat die Großoffensive rechtzeitig angekündigt, dennoch saßen gestern noch rund 350 000 Zivilisten zwischen den Fronten fest. Das sind mehr als die Hälfte der 600 000 Einwohner Südwaziristans. Pakistans Premierminister Yousaf Raza Gillani bat die internationale Gemeinschaft um Nothilfe.
Währenddessen führten US-General David Petraeus und US-Senator John Kerry gestern in Islamabad intensive Gespräche mit Regierung, Militärführung und der Opposition. Kerry warb für ein 7,5-Milliarden-Dollar-Hilfspaket, mit dem die USA Pakistan in den kommenden fünf Jahren jährlich eine Finanzhilfe von 1,5 Milliarden Dollar gewähren. Im Gegenzug muss sich das Land verpflichten, gegen die Extremisten in Waziristan vorzugehen. Die USA sind vor allem besorgt um die Sicherheit der Atomwaffen des islamischen Landes. In Pakistans Parlamentarier- und Militärkreisen ist die Finanzhilfe umstritten.