Neue Vorwürfe des massiven Wahlbetrugs in Afghanistan: Nach einem Bericht der “New York Times“ haben Anhänger von Präsident Hamid Karsai bei der Abstimmung am 20. August bis zu 800 “Phantom-Wahllokale“ eingerichtet, in denen in Wirklichkeit niemand seine Stimme abgab.
Washington. Aus den fiktiven Wahllokalen seien aber jeweils Tausende Stimmen für Karsai registriert worden, berichtete das Blatt unter Berufung auf Diplomaten. "Wir gehen davon aus, dass 15 Prozent der Wahllokale am Wahltag niemals geöffnet hatten", zitiert die Zeitung einen westlichen Diplomaten. "Dennoch meldeten sie Tausende Stimmen für Karsai." Bereits zuvor hatte es immer wieder Berichte über Wahlbetrug zugunsten Karsais gegeben, der nach offiziellen Auszählungen in Führung liegt. Zugleich hätten Karsai-Anhänger weitere etwa 800 tatsächlich existierende Wahllokale "übernommen" und dort Hunderttausende gefälschter Stimmen für Karsai gemeldet. Als Folge gebe es in einigen Provinzen zehnmal mehr abgegebene Stimmen als Einwohner. Ein westlicher Diplomat sprach von Wahlbetrug in erheblichem Ausmaß. Die zunehmenden Berichte über Wahlfälschung bereiteten auch der US- Regierung von Präsident Barack Obama immer mehr Kopfzerbrechen, hieß es.
Karsai liegt offiziellen Auszählungen zufolge in Führung, hat nach Auszählung aus drei Vierteln der Wahllokale aber keine absolute Mehrheit. Die Unabhängige Wahlkommission teilte am Sonntag mit, er habe bislang 48,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Sein wichtigster Herausforderer Abdullah Abdullah folge mit 31,7 Prozent. Sollte Karsai auch bei der weiteren Stimmen-Auszählung keine absolute Mehrheit bekommen, wäre ein zweiter Wahlgang im Oktober notwendig.
Bei der von den Vereinten Nationen unterstützten Beschwerdekommission (ECC) sind seit dem Wahltag mehr als 2300 Einwände eingegangen. Fast 700 davon wurden als "Kategorie A" eingestuft und könnten den Wahlausgang beeinflussen. Beobachter fürchten, dass Kandidaten die Legitimität der Wahl infrage stellen könnten.