US-Wahlkampf wird von Wirtschaftsthemen bestimmt. Obama-Herausforderer Romney will Amerika “wieder groß und stark“ machen.
Washington. Während Präsident Barack Obama in Amerika auf Wahlkampftour ist, will sich sein Herausforderer Mitt Romney derzeit als Staatsmann profilieren. Deshalb reist er nach Europa und Israel. Er wolle den Führungsanspruch Amerikas in der Welt erneuern, sagte er zuvor in einer außenpolitischen Grundsatzrede. „Dieses Jahrhundert muss ein amerikanisches Jahrhundert sein“, sagte er am Dienstag (Ortszeit). Zugleich warf er Obama Schwäche und Nachgiebigkeit vor – etwa gegenüber dem Iran, Russland China.
Nach seiner Rede machte sich Romney zu einer Reise nach Großbritannien, Israel und Polen auf. Allerdings sind keine größeren öffentlichen Auftritte vorgesehen – so wie etwa Obamas Rede vor mehr als 200 000 Mensch in Berlin im Wahlkampf 2008. Bisher hat sich Romney im Präsidentschafts-Rennen vor allem wirtschaftspolitisch profiliert. Durch die Reise will er sich als Staatsmann und Außenpolitiker in Szene setzen.
+++Hart, aber platt – US-Wahlkampf wird hässlich+++
Wirtschaftsthemen sind auch die Themen, die den Präsidentschaftswahlkampf bestimmen werden. Eine Gallup-Umfrage nach den neun wichtigsten Wahlkampfthemen zeigt: Wirtschaft, Arbeitslosigkeit, defizitärer US-Haushalt, Steuern und die Kluft zwischen Arm und Reich spielen bei den Wählern eine Hauptrolle. Wichtig sind ihnen demnach auch die Gesundheitsreform von Amtsinhaber Barack Obama, Terrorismus und nationale Sicherheit, Einwanderungspolitik sowie auf Platz neun Sozialthemen (Rechte von Homosexuellen und Abtreibungen).
Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hat auch in Amerika Spuren hinterlassen. Die Arbeitslosenquote stagniert derzeit auf hohem Niveau bei 8,2 Prozent. Das schwache Wirtschaftswachstum von unter zwei Prozent liegt in etwa auf einem Niveau mit der Inflation. Nach einer Umfrage für die Tageszeitung „USA Today“ trauen 63 Prozent der Wähler Herausforderer Mitt Romney zu, als Präsident die richtigen Entscheidungen in Bezug auf wirtschaftliche Probleme zu finden.
+++US-Wahlkampf, fernab der Wirklichkeit+++
Auch eine Umfrage für die Zeitung „The Hill“ zeigt: Die Wähler sind mit der Wirtschaftspolitik von Präsident Obama nicht zufrieden. 53 Prozent glauben demnach, Obama habe falsche Entscheidungen getroffen. 66 Prozent sagen, die Fehler, die zu wirtschaftlichen Problemen führten, wurden in Washington gemacht.
Die erste Grundstzrede von Mitt Romney vor Veteranen in Reno (Nevada) war vor allem durch nationale und patriotische Töne gefärbt. „Ich werde die amerikanische Führerschaft in der Welt nicht aufgeben“, sagte Romney unter tosendem Beifall. „Wenn Ihr nicht wollt, dass Amerika die stärkste Nation auf der Erde ist, dann bin ich nicht Euer Präsident.“
„Es ist ein Irrtum – und manchmal ein tragischer Irrtum – zu denken, dass Standhaftigkeit in der amerikanischen Außenpolitik nur zu Spannungen in der Welt führen kann“, sagte Romney.
Massive Angriffe richtete er an Obama, der für den Niedergang des globalen Einflusses der USA verantwortlich sei. Ob gegenüber dem Iran, Russland oder China – Obama habe mit seiner Nachgiebigkeit zu einem Niedergang des Einflusses Amerikas in der Welt geführt. Vor allem brandmarkte Romney Obamas Politik gegenüber Israel. Er sprach von einer „schäbigen Behandlung eines unserer besten Freunde“.
Im Streit um das iranische Atomprogramm forderte Romney einen vollständigen Stopp der Urananreicherung. „Ich werde jedes notwendige Mittel einsetzen“, um zu verhindern, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt. Aber auch Obama betont immer wieder, dass er sich alle Optionen offenhalte.
Erste Station der knapp einwöchigen Romney-Reise ist London. Dort will er an der Eröffnung der Olympischen Spiele dabei sein und nach US-Medienberichten mit Premier David Cameron sprechen. Zweite Station ist Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der ein gespanntes Verhältnis zu Obama hat, gilt als enger Freund Romneys. In Polen steht neben Treffen mit der politischen Führung auch ein Gespräch mit Friedensnobelpreisträger Lech Walesa an.