Weil die USA aus Protest der Aufnahme Palästinas die Unesco-Zahlungen aussetzen, muss die UN-Organisation sparen. Hilfsfonds soll Geld bringen.
Paris. Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) muss nach dem finanziellen Rückzug der Amerikaner wegen der Aufnahme Palästinas kürzertreten. Unesco-Sprecher Eric Falt bestätigte am Donnerstag in Paris, dass diverse Publikationen und Konferenzen gestrichen und Programme gekürzt werden müssten. "Die Situation ist schwierig, wir werden aber unsere Programme deswegen auf keinen Fall unterbrechen“, betonte er.
+++ Horroszenario für Unesco: USA stoppen Beitragszahlungen +++
Unesco-Chefin Irina Bokova hatte vor dem Abschluss der Generalversammlung am späten Donnerstagabend radikale Sparmaßnahmen angekündigt und von einer schweren Krisensituation gesprochen. Die USA als größter Beitragszahler und Israel hatten ihre Zahlungen gestoppt, nachdem die Organisation die Palästinenser zum Monatsanfang als 195. Mitglied aufgenommen hatte.
Verwirrung stifteten allerdings die unterschiedlichen Versionen einer am Vorabend gehaltenen Rede auf Englisch und Französisch, die erst am Donnerstag verbreiteten wurde. Nur im französischen Teil wird Bokova mit den Worten zitiert: "Ich habe alle unsere Engagements ausgesetzt. Ich habe die Umsetzung aller unserer Programme während dieser Überprüfungsphase bis zum Jahresende suspendiert.“ Aus Delegationskreisen hieß es, ein Aussetzen aller Programm sei aber undenkbar. Geplant sei zudem, einen Hilfsfonds zu gründen.
Bokova hatte betont, dass es bis Jahresende einen Fehlbetrag von 65 Millionen Dollar auszugleichen gelte. Im Fonds für die laufenden Kosten seien noch 30 Millionen. "Das erlaubt uns drei bis vier Wochen Autonomie.“ Das Geld werde für den Budgetausgleich verwendet: "Das bedeutet, dass wir das Jahr ohne jegliche Reserve beenden, in einer gefährlichen Situation.“
Das Volumen der geplanten Einsparungen bei Publikationen, Konferenzen, Mitarbeiterreisen oder Kommunikationseinrichtungen dürfte rund 35 Millionen Dollar ausmachen. "Doch das wird nicht ausreichen, um unser Problem zu lösen“, erklärte die Unesco-Chefin demnach. Für 2012 drohe ein Defizit von 143 Millionen Dollar durch den Wegfall der US-Zahlungen.
Hintergrund: Das ist die Unesco
Die UN-Sonderorganisation Unesco hat gemäß ihrer 1946 in Kraft getretenen Verfassung die Aufgabe, „durch Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Völkern in Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Wahrung des Friedens und der Sicherheit beizutragen“. Arbeitsschwerpunkte sind die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Entwicklung Afrikas.
Die Organisation bezieht ihre finanziellen Mittel hauptsächlich aus den Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten. Der Zweijahreshaushalt 2010/2011 umfasst 653 Millionen US-Dollar. Davon entfallen auf die Programme für Bildung 118,5 Millionen, Wissenschaft 89 Millionen, Kultur 53 Millionen sowie Kommunikation und Information 33 Millionen.
BILDUNG: Die Unesco koordiniert das weltweite UN-Aktionsprogramm „Bildung für alle“ und die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014). Sie gibt jährlich einen Weltbildungsbericht heraus und setzt sich für lebenslanges Lernen ein. Weltweit engagieren sich etwa 8500 Schulen im Netz der Unesco-Projektschulen.
KULTUR: Die Organisation will das Kulturerbe schützen, die kulturelle Vielfalt bewahren und den Dialog der Kulturen fördern. Seit 1978 erstellt sie eine Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt mit inzwischen 936 Denkmälern, historischen Städten und Landschaften. Diese sind laut Unesco so wertvoll, dass für ihren Schutz die ganze Menschheit verantwortlich sein soll und nicht nur ein Staat. Mit dem Programm „Memory of the World“ will die Unesco das dokumentarische Erbe der Menschheit in Archiven und Bibliotheken sichern.
WISSENSCHAFT: Die Unesco fördert die internationale Zusammenarbeit in den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Das Themenspektrum reicht dabei von Menschenrechten, Ethik und Philosophie über die Erforschung der Ozeane bis zu Unesco-Biosphärenreservaten. Das 1971 gegründete Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ erforscht und fördert zukunftsfähige Formen der Nutzung der Umwelt durch den Menschen, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren.
KOMMUNIKATION: Die Hauptziele des Programms „Kommunikation und Information“ sind Wissen und Information für alle, der Einsatz von Informationstechnologie als Entwicklungsfaktor und die Förderung der Pressefreiheit. Durch die Ausbildung von Journalisten und den Aufbau unabhängiger Medien in Entwicklungsländern und Konfliktregionen will die Unesco weltweit zu einer freien Presse beitragen.
Mit Material von dpa und dapd