Außenminister Westerwelle habe bisher nur “Vorstellung“ über den Abzug der Bundeswehr aus dem Kriegsgebiet. Frankreich zieht im Sommer ab.
Washington/Kabul/Berlin. Die Bundesregierung will sich anders als die USA noch nicht auf eine Größenordnung für den Truppenabzug aus Afghanistan in diesem und im nächsten Jahr festlegen. „Wir haben Vorstellungen, aber wir wollen erst dann konkrete Zahlen nennen, wenn sie verkündungsreif sind“, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. „Zuvor werden wir nicht spekulieren.“ Die Größenordnung für den Abzug werde erst nach Abstimmung mit den europäischen Partnern festgelegt. US-Präsident Barack Obama will die US-Truppen in Afghanistan mit derzeit 100.000 Soldaten bis Ende 2012 um ein Drittel reduzieren. Die Bundesregierung will Ende des Jahres mit dem Abzug beginnen, falls die Lage es zulässt. Derzeit sind rund 5000 deutsche Soldaten in Afghanistan.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama über einen Truppenabzug aus Afghanistan begrüßt. Sie sei das natürliche Ergebnis der Fortschritte, die die Militärallianz in Afghanistan gemacht habe, sagte Rasmussen am Donnerstag in Brüssel. Die Entscheidung Obamas sei in enger Abstimmung mit den Alliierten gefallen, erklärte Rasmussen. Der Abzug käme zu einem Zeitpunkt, an dem es in Afghanistan einen „Gezeitenwechsel“ gebe. Die Taliban würden immer mehr unter Druck kommen und die afghanischen Sicherheitskräften immer stärker werden, sagte Rasmussen. Diese sollen wie geplant bis 2014 die Kontrolle übernehmen.
Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat die Pläne der USA begrüßt, die Anzahl der Soldaten am Hindukusch zu reduzieren. Dies sei die richtige Entscheidung im Interesse beider Staaten, sagte Karsai am Donnerstag. „Das Vertrauen des afghanischen Volkes in die afghanische Armee und Polizei wächst jeden Tag und der Schutz dieses Landes ist Aufgabe der Afghanen.“
Nach dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama hat auch Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy einen Truppenabzug aus Afghanistan angekündigt. Sarkozy sagte in Paris, rund 4.000 französische Soldaten sollten von diesem Sommer an nach und nach aus Afghanistan zurückkehren.
Nach der Rede von Obama hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier von der Bundesregierung mehr Klarheit über den Termin für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert. Dies könnten auch die Soldaten und Polizisten des deutschen Einsatzes erwarten, sagte er bei einem Besuch der deutschen Truppen in Nordafghanistan. An den bisherigen Erklärungen der Koalition zu dem Termin habe er nichts Neues erkennen können. Steinmeier informierte sich im Feldlager von Masar-i-Scharif über die Ausbildung von afghanischen Polizisten und besuchte in der Nähe ein Camp, in der Soldaten der afghanischen Armee trainiert werden. Zuvor hatte er in Kabul Gespräche mit Präsident Hamid Karsai und weiteren Regierungsmitgliedern geführt. Dabei ging es auch um die für Dezember auf dem Petersberg bei Bonn geplante Konferenz über die Zukunft Afghanistans. (dapd/dpa/reuters)