Präsident Saleh wurde am Freitag bei einem Raketenangriff verletzt und reiste zu einer Operation nach Saudi-Arabien. Opposition jubelt.

Riad/Sanaa. Großer Jubel bei der Opposition im Jemen: Der bei einem Anschlag schwer verletzte jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat sein von blutigen Protesten erschüttertes Land verlassen. Zehntausende Regimegegner feierten am Sonntag die Ausreise. Sie hoffen, dass der seit mehr als 30 Jahren regierende Machthaber nicht mehr zurückkehrt. Der stellvertretende Informationsminister Abdu al-Janadi betonte dagegen, Saleh sei der legitime Präsident.

Nach Angaben des saudischen Königshofs reiste der 69 Jahre alte Machthaber zur medizinischen Behandlung in das Nachbarland Saudi-Arabien. In einem Militärkrankenhaus in Riad wurde er am Sonntagnachmittag an der Brust operiert. Nach der Explosion einer Granate stecke in der Herzgegend des 69-Jährigen Saleh ein 7,6 Zentimeter langer Munitionssplitter, berichtete der britische Rundfunksender BBC am Sonnabendabend unter Berufung auf Regierungskreise. Zudem soll er größere Brandverletzungen im Brustbereich und Gesicht davongetragen haben.

Sein Stellvertreter Abed Rabbo Mansur Hadi übernahm vorübergehend die Amtsgeschäfte. Er traf sich gleich mit dem US-Botschafter. Das arabische Land gilt als Rückzugs- und Rekrutierungsland für das Terrornetzwerk Al-Kaida. Auf den Straßen feierten zehntausende Oppositionelle die Ausreise des verhassten Präsidenten. Sie riefen in der Hauptstadt Sanaa: "Das Volk hat das Regime gestürzt.“ Die Aktivistin Shatha al-Harazi sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Die Menschen sehen diesen Schritt als einen Sieg.“ Regierungsvertreter betonten jedoch, Saleh wolle bereits in wenigen Tagen in den Jemen zurückkehren. Der stellvertretende Informationsminister Al-Janadi betonte: "Der Machtwechsel wird auf demokratischem Weg geschehen.“

Die Opposition fordert seit Monaten mit Massendemonstrationen den Rücktritt des seit 1978 herrschenden Präsidenten. In der Stadt Tais kam es am Sonntag laut Berichten lokaler Medien erneut zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Angehörigen der Sicherheitskräfte. Bei den Protesten, die vor vier Monaten begonnen hatten, wurden bereits hunderte Menschen getötet.

Saleh hatte nach Vermittlung der Golfstaaten zwar bereits mehrfach einen geordneten Machtwechsel versprochen, jedoch kurzfristig immer wieder einen Rückzieher gemacht. Der Golf-Kooperationsrat brach daraufhin seine Vermittlungsversuche ab. Wenige Stunden nach der Ausreise Salehs traf sich sein Stellvertreter Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi am Sonntag mit dem US-Botschafter Gerald Feierstein. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Saba. Die USA messen dem Jemen große Bedeutung bei, weil das arabische Land ein Rückzugs- und Rekrutierungsland für das Terrornetzwerk Al-Kaida ist.

Nach dem Anschlag auf die Moschee neben dem Präsidentenpalast am Freitag, dem insgesamt elf Menschen zum Opfer gefallen sein sollen, hatte es zunächst geheißen, Saleh gehe es gut. Er sei lediglich von einem Granatsplitter am Kopf gestreift worden.

Der Präsident hatte sich nach der Attacke mit einer Audiobotschaft an sein Volk gewandt. Er sei wohlauf und es gehe ihm gut, sagte Saleh. Allerdings war deutlich zu hören, dass er schleppend sprach und schwer atmete. Zu dem Anschlag hat sich bislang niemand bekannt. Salehs Getreue hatten erst den Al-Ahmar-Clan, der sich mit der Protestbewegung solidarisiert hat, beschuldigt. Später hieß es, Al-Kaida-Terroristen hätten den Anschlag verübt.

Angesichts der ausufernden Gewalt in dem Stammeskrieg hat das saudische Königshaus nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija eine einwöchige Waffenruhe vermittelt. Zuvor hatten weitere Staaten ihre Diplomaten aus der umkämpften Hauptstadt Sanaa abgezogen. Auch Deutschland schloss vorübergehend seine Botschaft. Außenminister Guido Westerwelle forderte am Sonnabend die rund 30 noch im Jemen verbliebenen Deutschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Bundesregierung folgte damit anderen Staaten wie Italien und Kuwait. Auch Großbritannien appellierte an seine Bürger, den Jemen umgehend zu verlassen.

Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton verlangte einen sofortigen Waffenstillstand. Regierungstruppen und Stammesmilizen sollten sich zurückhalten und die "Eskalation der Gewalt“ beenden, sagte Ashton in Brüssel. Die USA verurteilten die "sinnlose Gewalt“ in dem vom Terror heimgesuchten Armenhaus der arabischen Halbinsel.

(dpa)