Die Nato berät heute in Berlin über Libyen-Krise. Vor allem Paris und London fordern ein härteres Vorgehen gegen das Gaddafi-Regime.
Doha/Berlin. In Libyen tobt der Krieg, in Berlin tagen die Außenminister des westlichen Militärbündnisses. Die Spitzenpolitiker beraten über das weitere Vorgehen gegen das Regime von Machthaber Muammar al-Gaddafi. Angesichts andauernder Kämpfe in Libyen wird innerhalb des Militärbündnisses eine härtere Gangart gegen Gaddafi gefordert. Die Nato erhöht ihren Druck auf Gaddafi. Kanzlerin Angela Merkel und US-Außenministerin Hillary Clinton forderten die Ablösung des Diktators. Ähnlich äußerten sich Außenminister Guido Westerwelle und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen.
Merkel erklärte, das gemeinsame Ziel sei, „dass Gaddafi nicht mehr der Herrscher Libyens ist, sondern zurücktritt und der freiheitlichen Entwicklung in seinem Land Raum gibt“. Rasmussen sagte, bei aller militärischen Präsenz müsse der Impuls für einen dauerhaften Frieden aus dem libyschen Volk kommen. Die Nato werde aber weiter ihre Rolle spielen, die Freiheit der Menschen in Libyen zu verteidigen.
Der Generalsekretär verwies auf das erste Treffen der Libyen-Kontaktgruppe am Mittwoch in der katarischen Hauptstadt Doha und erklärte, die Mitglieder hätten festgestellt, „dass Gaddafi jede politische Legitimation verloren hat“. Die Gruppe hatte sich zudem darauf geeinigt, die Opposition auch finanziell weiter zu unterstützen. Über Details herrschte aber noch Uneinigkeit. Zusammen mit Frankreich sprach sich Deutschland für einen baldigen nationalen Dialog zur Lösung des Konflikts aus. Außenminister Westerwelle und sein französischer Amtskollege Alain Juppé waren sich einig, dass es keine militärische, sondern nur eine politische Lösung ohne Gaddafi geben könne.
Westerwelle betonte, in Libyen „ringen die Menschen um ein Leben in Freiheit und Würde“. Diktator Gaddafi müsse gehen. Wie Westerwelle hob auch Bundespräsident Christian Wulff die Notwendigkeit einer politischen Lösung im Libyen-Konflikt hervor. Die NATO-Militäroperationen müssten in einen politischen Prozess eingefügt werden, sagte er in einem Gespräch mit Rasmussen.
Juppé betonte, Deutschland und Frankreich hätten in Libyen „absolut“ das gleiche Ziel. Nur über den Weg dorthin sei man unterschiedlicher Auffassung. Es sei aber „kein Drama“, manchmal nicht derselben Ansicht zu sein. Deutschland und Frankreich sind sich uneins über das militärische Vorgehen in Libyen. Die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung im Weltsicherheitsrat über eine Flugverbotszone als einziges Nato-Land enthalten.
Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich äußerte die Hoffnung, dass die Kontroverse über Libyen beim Treffen der Nato-Außenminister beigelegt wird. Er ermahnte die einzelnen Mitgliedsstaaten, Eitelkeiten zurückzustellen und eine Einigung zu finden. Eine kritische Auseinandersetzung untereinander sei zwar notwendig, öffentlicher Streit aber kontraproduktiv, sagte Mützenich. Es müsse alles für eine politische Lösung getan werden. Auch eine Feuerpause sei dringend notwendig, um die humanitäre Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Eine Klarstellung verlangte Mützenich darüber, welcher Beitrag von Deutschland erwartet wird.
Bei der Frühjahrstagung der 28 Ressortchefs im Auswärtigen Amt sollte es vorrangig um Libyen, aber auch um den Abzug der internationalen Streitkräfte aus Afghanistan sowie um die Partnerschaften des Bündnisses gehen. Am Freitag wollen sich zudem der Nato-Russlandrat, die Nato-Ukraine-Kommission und die Nato-Georgien-Kommission treffen.
Der Gipfel ist mit rund 60 Delegationen und mehr als 800 Delegierten eine der größten internationalen Konferenzen, die jemals in Deutschland ausgerichtet wurde. Es ist das erste Treffen der Chefdiplomaten der Allianz in der Bundesrepublik seit 1996. Das Treffen fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Zahlreiche Straßen rund um den Tagungsort wurden gesperrt. (dpa/dapd)