Die USA sind nur noch Stunden von einer Lähmung ihrer Staatsgeschäfte entfernt. Trotz Bemühungen erreichte Obama keine Einigung im Etatstreit.
Washington. In den USA rückt ein weitgehender Stillstand der öffentlichen Verwaltung mit möglicherweise schweren Folgen immer näher. Im Etatstreit zwischen Republikanern und Demokraten zeichnete sich bis zum Freitagabend (Ortszeit) kein Kompromiss ab. Gelingt er nicht noch in letzter Minute, wird der Regierung von Präsident Barack Obama um Mitternacht (0600 MESZ) der Geldhahn zugedreht.
Damit müssten hunderttausende Staatsbedienstete in den Zwangsurlaub, die ersten erhielten schon am Freitag einen entsprechenden Brief. Viele öffentliche Einrichtungen würden schließen, so Museen und Nationalparks. Soldaten würden verspätet bezahlt und zahlreiche Dienstleistungen verzögert – von Staatsdarlehen für Kleinunternehmen bis hin zu Steuerrückzahlungen.
Obama selbst hatte wiederholt vor ernsten Rückschlägen bei der noch schwächlichen Wirtschaftserholung gewarnt, viermal war er mit führenden Vertretern beider Parteien im Weißen Haus zusammengetroffen, um einen Durchbruch zu erreichen. Am Freitag sagte Obama eine für das Wochenende geplante Reise in das historische Williamsburg (Virginia) ab.
Im Tauziehen um den Etat 2011 geht es um Einsparungen, aber zunehmend haben auch ideologische Streitfragen einen Kompromiss verhindert. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen waren am Freitag voll im Gange. Die Republikaner behaupteten, dass mangelnder Sparwillen der Demokraten eine Einigung verhindert habe. Die Demokraten ihrerseits sagten, die Republikanern hätten mit dem hinzugefügten „ideologische Ballast“ einen Kompromiss blockiert.
Eine Verabschiedung des Etats ist schon seit langem überfällig: Das Haushaltsjahr 2011 hat bereits am 1. Oktober begonnen. Die Regierung saß nur deshalb bisher nicht auf dem Trockenen, weil Ausgabenpläne wiederholt befristet auf der Basis des Etats 2010 verlängert wurden. Aber auch über eine neuerliche provisorische Weiterfinanzierung zum Zeitgewinn konnten sich die Parteien zumindest bis Freitagabend nicht verständigen.
Ein Hauptknackpunkt war die Forderung der Republikaner, dass die Familienplanungseinrichtung Planned Parenthood keine Staatsgelder mehr erhält, weil diese – so die Argumentation der Konservativen - für Abtreibungen verwendet werden könnten. Allerdings stellen bereits Gesetze sicher, dass Schwangerschaftsabbrüche mit wenigen Ausnahmen nicht mit öffentlichen Mitteln finanziert werden können. Die Demokraten argumentieren zudem, dass der überwältigend größte Teil der Arbeit von Planned Parenthood der medizinischen Betreuung von Frauen wie etwa der Krebsvorsorge gilt.
Es wäre das erste Mal seit 15 Jahren, dass die Regierung finanziell lahmgelegt wird. Während der Jahreswende 1995/96 gab es 21 Tage lang Zwangsurlaub für solche Staatsbedienstete, die „nicht für Notfälle“ benötigt werden. Damals war Bill Clinton Präsident.
Völlig unklar ist, wie lange ein „government shutdown“ diesmal dauern könnte. Experten meinen, eine Blockade von lediglich wenigen Tagen hätte keine dramatischen Folgen. Anders sähe es allerdings bei einer wochenlangen Blockade aus. (dpa/abendblatt.de)