Diktator Gaddafi beschuldigt al-Qaida, die Unruhen im Land angezettelt zu haben
Bengasi. Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi versucht, sich aus der Umklammerung durch Aufständische mit militärischer Gewalt zu befreien. Im Osten des Landes griffen seine Truppen einem Augenzeugen zufolge die Rebellen in der Stadt Misrata an. Dabei seien mehrere Menschen getötet worden. Die Aufständischen haben große Teile Ost-Libyens unter ihre Kontrolle gebracht, darunter die Hafenstadt Bengasi und die im Osten gelegenen Ölhäfen. Gaddafi machte in einer Fernsehansprache die Terrororganisation al-Qaida und deren Chef Osama Bin Laden für die Rebellion verantwortlich.
Gaddafis Ansprache wurde telefonisch zum libyschen Fernsehen übertragen und von dort gesendet. Er sagte, Bin Laden sei der "wahre Verbrecher", der "Feind, der die Leute manipuliert". Die jungen Demonstranten seien unter Drogen gesetzt worden. "Sie haben nachts Pillen bekommen. Man hat ihnen bewusstseinsverändernde Pillen in ihre Getränke, ihre Milch, ihren Kaffee, ihren Nescafé getan", sagte Gaddafi.
Inzwischen ist der Aufstand aber auch auf westliche Landesteile übergeschwappt. Die 120 Kilometer westlich von Tripolis gelegene Stadt Suara soll unter der Kontrolle bewaffneter "Volkskomitees" stehen, berichteten ägyptische Arbeiter, die nach Tunesien geflohen sind. Polizei oder Militär seien auf den Straßen Suaras nicht zu sehen gewesen.
Zu heftigen Kämpfen kam es offenbar in der Stadt Sawijah vor den Toren der Hauptstadt Tripolis. Der Fernsehsender al-Dschasira zeigte Bilder einer brennenden Polizeistation, die aus der Stadt stammen sollen. Eine Zeitung meldete, mindestens zehn Menschen seien in Sawijah getötet worden. Ein Augenzeuge, der die Stadt auf der Flucht nach Tunesien durchquert hatte, sprach von chaotischen Zuständen. Er habe Leute mit Gewehren und Schwertern gesehen. Zivilisten aus beiden Lagern - pro und kontra Gaddafi - bekämpften sich. Die Regierung hatte ihre Gegner zur Abgabe aller Waffen aufgefordert. Die Bürger sollen zudem Anführer der Proteste denunzieren. Dafür wurden großzügige Geldprämien in Aussicht gestellt.
Die internationale Gemeinschaft verurteilte das gewaltsame Vorgehen der libyschen Führung scharf. Die Europäische Union (EU) beließ es bislang aber bei der Drohung, Sanktionen zu verhängen. US-Präsident Barack Obama hat das Vorgehen der libyschen Sicherheitskräfte als abscheulich bezeichnet. Die USA würden mit ihren internationalen Partnern zusammenarbeiten, damit Gaddafis Regierung zur Rechenschaft gezogen werde, sagte er in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zu den Ereignissen. Die USA hielten sich alle Optionen in der Libyen-Krise offen.